Warum Memoirenschreiben gut tut - ein Podcast

Judith Schneider von Zeitpolster hat mich im Rahmen ihrer Podcast-Serie „Cleveres Älterwerden“ eingeladen, über meine Erfahrungen des Memoirenschreibens zu sprechen.

Zu diesem Thema habe ich vor fast zwei Jahren bereits einen Artikel gepostet: Memoiren – mehr als nur Erinnerung, in dem ich insbesondere über die Erfahrungen meiner Schwester berichtet habe, die unsere Familiengeschichte und ihren Lebensweg in Japan festgehalten hat. Ich habe sie in diesem Prozess oft begleitet, dachte mir aber, dass ich noch viel zu jung für meine eigenen Memoiren sein. 

Aber manche Dinge ändern sich überraschend. Plötzlich hatte ich das Bedürfnis, die Erinnerungen an meine vielen Dienstreisen auch in sehr exotische und spannende Länder aufzuschreiben. Daraus ist dann sukzessive mehr geworden und wurde schließlich eine Reflexion des größten Teils meiner Berufszeit. Ich habe mir viele Fragen gestellt und beantwortet wie z.B.:

  • Was hat mich bewogen den damals völlig unbekannten Bereich  Umweltmanagement in einem der größten Unternehmen Österreichs aufzubauen? Was wollte ich erreichen und was ist daraus geworden?

  • Welche Projekte habe ich gemacht und welche davon waren erfolgreich, welche nicht und warum?

  • Wie ist es mir als Frau in der männerdominierten Energiewirtschaft ergangen?

  • Welche Menschen haben mich begleitet, wie haben sie mich unterstützt, aber auch, wie haben mich die Konflikte mit einigen von ihnen weiter gebracht?

  • Was sagen rückblickend mein Sohn und mein Mann zu meinen intensiven Berufsjahren?

  • Wie war mein Work-Life Balance wirklich?

Die (auch für mich manchmal überraschenden) Antworten auf einige dieser Fragen sowie Tipps, wie man es angeht und warum es gut tut, Memoiren zu schreiben besprechen Judith und ich in diesem Podcast.

 

Zeitpolster - Podcast: Warum Memoirenschreiben gut tut

 

Takeaway

  • Eine Biographie enthält die chronologischen Fakten deines Lebens, Memoiren hingegen die Erinnerungen und Reflexionen.

  • Du kannst entweder strukturiert vorgehen oder auch einfach bei irgendeinem Ereignis zu schreiben beginnen. Aber bevor du anfängst, überleg dir, warum du das machst: z.B. um etwas weiterzugeben, abzuschließen, dir klar zu werden, deine Schätze für dich selbst festzuhalten etc.

  • Memoiren dokumentieren den Schatz deines Lebens, deine Erlebnisse und Entscheidungen und du erkennst klar den roten Faden, das Herausfordernde und das Schöne.

  • Entscheidend ist allerdings die Einstellung, mit der du zurück schaust! Sie ist verantwortlich dafür, ob daraus ein Drama wird, ein Entwicklungsroman, in einzelnen Bereichen vielleicht sogar eine Komödie oder ein wesentlicher Teil deiner persönlichen Schatzkiste. Nur du entscheidest!

Herzlichst
Helga

 
 

Im Podcast über das „clevere Älterwerden“  findet ihr auch noch viele andere interessante Themen. Unter anderem zwei weitere Podcast von mir über strahlend alt werden und ausmisten für mehr Freiheit

 

Für alle, die Zeitpolster noch nicht kennen:
Zeitpolster ist ein Sozialunternehmen, das Betreuungsleistungen für ältere Menschen, Kranke oder auch für Familien mit Kindern vermittelt. Es geht um Gesellschaft leisten, Freizeitbegleitung, einkaufen gehen, Hilfe in Haus und Garten u.v.a. Das Besondere an dem Konzept ist aber, dass die Helfenden, die sich für andere Menschen einsetzen, ihre Stunden für später gutgeschrieben bekommen, wenn sie selber Hilfe brauchen. Ich finde diese Idee höchst spannend, denn Netzwerke sind so ein wichtiger Bestandteil, wenn wir älter werden.

Sinn im Alter

Solange  „Anti-Aging und Forever Young“ angesagt sind, kann es schwierig sein, im Alter einen Sinn zu finden. Aber ich denke, wenn das Leben das Alter als Lebensphase eingerichtet hat, dann muss es auch einen Sinn haben! Und den gilt es zu finden.

Diesem Sinn will ich nachgehen, denn ich bin überzeugt, dass das Alter Erlebnisse und Erkenntnisse bringt, die man bisher noch nicht kannte und die auch nur im Alter erlebbar werden.

Deshalb freut es mich, dass ich euch heute über ein Gespräch mit Daniela Philipp [1] berichten kann, in dem wir genau diesen Fragen nachgehen. Daniela Philipp ist sinnzentrierte Unternehmens- und Lebens- und Sozial-Beraterin und Vorständin im Viktor Frankl Zentrum Wien [2].

Und, um es gleich vorwegzunehmen, das Alter ist eine einzige Sinn-Quelle!

Take away

  • Die Kunst des sinnvollen Lebens ist zu wissen, was wann dran ist. Und das ändert sich ständig.

  • Der Sinn liegt im jeweiligen Augenblick.

  • Alter ist ein negativ besetztes Wort: es sollte Vollendungsphase heißen.  

 

Sinn im Alter:
Im Gespräch mit Daniela Philipp

Sinnzentrierte Beraterin

 

VOLLENDUNG STATT ANTI-AGING

Liebe Daniela. auch wenn ich mich freue, dass ich mit Ende 60 körperlich so fit bin, ich finde den Hype um Anti-Aging und Forever Young nicht erstrebenswert. Denn ich habe das Gefühl, wenn man gegen das Alter kämpft, wird man schwer einen Sinn darin finden. Berauben wir uns da nicht wichtiger Erfahrungen?

Daniela: Oh ja, das Alter hat extrem vieles zu bieten, das einen mit Sinn erfüllt. An Stelle der schöpferischen Werte, die sich in der Leistungs-Fähigkeit ausdrücken, rücken eher die Erlebniswerte in der Begegnung mit der Welt und die Einstellungswerte in Bezug auf Unabänderliches in den Mittelpunkt. Daraus Sinn zu schöpfen geht bis zum letzten Tag und es sind andere Einsichten möglich, die sich in der Jugend noch nicht erschließen.

Alter ist ein schlechtes, negativ besetztes Wort. Für mich sollte es Vollendungsphase heißen! Ich sehe die Dynamik des Leben wie eine große Symphonie. Die Schönheit des Musikstücks zeichnet sich durch den Beginn, den Höhepunkt und vor allem den Schluss aus. Die letzten Takte sind entscheidend für den Gesamteindruck. Da legen sowohl Komponisten, als auch Musiker besondere Hingabe hinein. Auch wir dürfen diesen Schlussakkord spielen und das ist etwas anderes als zu sagen, jetzt bin ich halt alt und dann ist es einfach aus! 

Wieso wollen dann so viele an der Jugend festhalten und den dritten oder 4. Satz der Symphonie, sprich das Alter, nicht spielen?

Die großen Übergangsphasen im Leben machen den meisten Menschen Angst und daher wollen sie lieber die alten Gewohnheiten beibehalten, um in diesen (scheinbare) Geborgenheit und Sicherheit zu erfahren. Sie suchen nach Kontinuität. Also, z.B. Forever Young sein. Und natürlich leben wir in einer Kultur, die die Jugend mehr ehrt als das Alter.

Aber in der Logotherapie [3]gibt es die schöne Bezeichnung des „Sinn des Augenblicks“.  Sinn ist etwas, das immer wieder neu anklopft. In jeder Lebensphase und in jedem Moment. Wir müssen uns nur die entscheidenden Fragen stellen:

Wozu fordert mich das jetzt auf?
Was will das Leben jetzt von mir?
Was ist jetzt für mich am sinnvollsten zu tun?

Wenn du diese Fragen beantwortest,
ist es egal in welcher Lebensphase du gerade bist.
In der Jugend ist das Gebot der Stunde natürlich etwas anderes
als im Alter, wenn der Sinn der Vollendung ansteht.  

SINN BEDEUTET DAS BESTMÖGLICHE FÜR MICH UND ANDERE

Für viele ist der Pensionsantritt schwierig. Manche überfällt eine große Leere, andere eine Hyperaktivität. Nach der ersten Leere habe ich begonnen, mich intensiv mit dem Thema „Älter werden“ zu befassen. So ist dieser Blog überhaupt erst entstanden.

Sowohl Mangel als auch Fülle oder Hyperaktivität, beides kann zu einer SINN-LEERE führen. Manchmal ist es einfach nur wichtig, diese Leere auszuhalten, um daraus Neues zu schöpfen, wie du beschrieben hast. Aber es kann auch in der Fülle eine Sinn-Leere entstehen. Genug wovon wir leben können, heißt nicht unbedingt genug WOZU. Derzeit nehmen Depressionen in unserer Gesellschaft stark zu, obwohl objektiv gesehen von allem so viel da ist: Essen, Vergnügen, Information, Möglichkeiten. Und andererseits verwechseln viele Menschen ihren vollen Terminkalender mit Sinn, der aber bei all der Hektik oft unerfüllt bleibt.

Oft höre ich von Pensionisten stolz „ich weiß mir immer etwas zu tun.“ Aber nach deinen Ausführungen ist Sinn im Alter zu finden noch etwas anderes..

Ja, denn der Sinnbegriff der Logotherapie bedeutet das Bestmöglich für mich und andere!

Wir leben in einer Kultur der totalen Selbstoptimierung. Entscheidungen werden überwiegend aus einer ICH-Sicht getroffen und oft fehlt der Blick für´s Umfeld. Aber Sinn entfaltet sich nicht, wenn ich nur auf mich selbst schaue, sondern aus dem Bestmöglichen für mich UND andere. Also mein Beitrag für das persönliche Umfeld, für die Familie, Freunde und Kollegen ist entscheidend. Wenn man etwa in der Pension z.B. ein Studium macht, dann kann das einen Traum erfüllen, aber dieser kann entweder auf Kosten der Familie gehen, oder diese inspirieren. Daher steht immer wieder die Frage im Raum, wie kann ich das, was mir selbst Spaß macht so gestalten, dass es auch für die anderen gut ist.

DIE KUNST DES ALTERS IST DER GUTE LEBENSRÜCKBLICK

Im Alter kann manches wegfallen, was dem Leben früher Sinn gab: Aufgaben, Beruf, Hobbies oder auch Gesundheit. Darum drängt sich im (hohen) Alter die Sinnfrage gelegentlich verstärkt ins Bewusstsein. Manchmal auch als Sinnkrise.

Biologisch geht es mit uns über die Jahre bergab, wenn auch weniger schnell als früher, aber biographisch geht´s mit uns bergauf!

Im Alter kann man vielleicht das eine oder andere nicht mehr so gut, aber wenn wir auf die Schatzkiste eines Menschen schauen, all das Erlebte, dann ist diese voll. Die Kunst eines positiven Alters liegt daher darin, auch auf das Vergangene zu schauen. Wenn ich das nicht mache, sondern nur auf das noch Mögliche blicke, ist mein Glas mehr leer als voll. Und es kann sich Verzweiflung breit machen, wenn man sich bewusst wird, was man im Alter alles nicht mehr kann.  

Viktor Frankl hat dazu einen sehr guten Vergleich gebracht: Wenn ein Bauer nach der Ernte nach vorne schaut, sieht er ein Stoppelfeld. Wenn er allerdings zurückblickt, sieht er seine Ernte sicher in der Scheune liegen. So lange wir leben kommen neue Ernten dazu!

Vor einigen Monaten habe ich meine Memoiren über mein Berufsleben geschrieben. Das ist genau aus diesem Gefühl entstanden. Ich wollte mir bewusst machen, was ich schon alles erlebt habe und machen durfte. Mir vor Augen zu führen, was gelungen oder weniger gelungen ist, welche Menschen mich begleitet und welche Rolle sie für mich gespielt haben, wie meine Work-Life Balance ausgesehen hat und vieles mehr. Das war erfüllend und klärend gleichzeitig. (siehe auch Memoiren - mehr als Erinnerung)

Genau, entscheidend ist, wie man zurückschaut! Beim Lebensrückblick kommt es darauf an, worauf man den Blick richtet. Schaut man voll Wehmut zurück und führt sich permanent vor Augen, was man alles jetzt nicht mehr hat, dann richtet man den Blick auf das Stoppelfeld. Oder man schaut zurück und betrachtet die eingebrachte Ernte: Gutes und Schlechtes. In diesem Punkt geht man ohne Wertung heran. Und jetzt kommt der entscheidende Schritt: an dieser Stelle hast du die große Freiheit der persönlichen Einstellung dazu. Es geht darum, wie du heute dazu Stellung nimmst, nicht, wie du es damals erlebt hast! Es ist deine freie Entscheidung heute daraus ein Drama zu machen oder einen Entwicklungsroman, vielleicht sogar eine Komödie. Hier geht es alleine um Einstellungswerte.

Gut zurückzuschauen ist entscheidend für ein glückliches Leben. Selbst in der letzten Minuten meines Lebens habe ich den Freiraum, ob ich mit einem JA zu meinem Leben sterbe oder einem NEIN.

Sinn im Alter liegt auch im Erkennen der Vergangenheit und des Verewigten. Das ist der Reichtum gegenüber Jungen, die nur das Feld vor sich sehen. Unglücklich sind Menschen, die vergleichen, mit anderen oder mit sich selbst in früheren Jahren. In jedem Moment, wo ich mich vergleiche, wird es schwierig.

DIE 3 WERTEkategorien, die SINN AUSMACHEN:

  • SCHÖPFERISCHE WERTE  - Leistungsfähigkeit

  • ERLEBNISWERTE  - Liebesfähigkeit &. Beziehung zur Welt

  • EINSTELLUNGSWERTE - Freiheit der Entscheidung, Leidensfähigkeit

Du hast die drei Wertekategorien von Viktor Frankl schon einige Male erwähnt, die es dem Menschen ermöglichen Sinn zu verwirklichen: Können wir in Bezug auf das Alter noch näher darauf eingehen.

Die schöpferischen Werte finden wir in großem Ausmaß natürlich in der Erwachsenenphase. privat und im Beruf. Und das passt auch gut zu unseren gesellschaftlichen Werten. Im Alter werden sie weniger wichtig aber natürlich gibt es auch da noch reichlich Gelegenheit dazu, und oft in ganz anderer Form als bisher. (siehe Post Etwas machen, das Sinn macht)

Sinn entsteht aber auch durch die Erlebniswerte! Da geht es nicht nur um Urlaubs- und Reiseeindrücke, sondern auch, wenn wir passiv sind und uns etwas hingeben. Der Musik z.B., der Natur oder man hört nur ruhig zu. Dieser Sinn-Aspekt wird im Alter interessanter. Vielleicht kann man jetzt etwas mehr genießen, als früher. Erlebniswerte brauchen Achtsamkeit, Zeit und Hingabe.

Der wohl wichtigste Wert im Alter ist der Einstellungswert – also die Freiheit der Entscheidung. Es gibt Situationen, die wir nicht ändern können, Krankheit etwa oder Verluste. In solchen Fällen ist es wichtig, unsere innere Einstellung und unsere Haltung zum Ereignis, ganz bewusst zu wählen. Man muss nicht am Leid verzweifeln. Durch die Einstellung kann man selbst eine Tragödie in einen persönlichen Triumph zu verwandeln.

FRAG WOZU UND NICHT WARUM

Wenn uns etwas Schlimmes passiert fallen wir so häufig in die WARUM-Frage. Warum jetzt? Warum passiert das mir?

Ja, aber die Warum-Frage bringt gar nichts! Ganz im Gegenteil, sie führt uns in den Wahnsinn oder ins Bodenlose. Erst, wenn man das losgelassen hat und sich der Frage WOZU zuwendet, kann Tolles passieren. Es ist entscheidend, etwas Sinnvolles auch aus diesen Situationen herauszuholen und das geht auf irgendeine Weise immer.

An dieser Stelle kann man sich z.B. fragen: Was für ein Patient möchte ich sein: einer der jammert und leidet, einer der erträgt (und alleine das auszuhalten kann schon Sinn an sich ergeben) oder einer der selbst in dieser Situation noch das Bestmögliche für sich und das Umfeld herausholt.

Meiner Schwiegermutter konnte mit 97 ihre Wohnung nicht mehr verlassen und war auf die Pflege durch ihre Helferinnen angewiesen, die aus vielen Ländern kamen. Daher hat sie begonnen, einzelne Phrasen in deren Landessprache zu lernen und sich mit ihren Herkunftsländern zu befassen. Das war nicht nur für sie selbst eine spannende Aufgabe, sie hat ihren Pflegerinnen damit auch Anerkennung und Respekt gegeben und sich die Welt ins Krankenzimmer geholt.

Ein wunderbares Beispiel! Selbst in diesem hohem Alter hat sie der Situation Sinn gegeben und das Bestmögliche für sich und die anderen gemacht. Altern ist so gesehen eine geistige Leistung, die ein hohes Maß an Einfallsreichtum braucht.

JA ZUM ALTER, JA ZUM SINN DARIN

Ich bin überzeugt, wer Ja sagt zu seinem Alter, wird eher auch in fortgeschrittenen Jahren Sinn-Erfahrungen machen. Wenn du weniger nach dem „Sinn des Lebens“ oder Sinn des Alters fragst, sondern vielmehr nach dem „SINN IM LEBEN“, oder dem Sinn im Alter, dann kannst du diesen in jeder Phase, in jeder Situation neu finden. Wenn man den Sinn des Augenblicks erfasst und sich dem jedes Mal stellt, dann entstehen viele Episoden, die sich wie eine Perlenkette aneinanderreihen. Daraus ergibt sich schließlich meines Erachtens auch der Sinn des Lebens. Es ist wie in einem guten Film, die letzten Szenen bringen oft erst die Klarheit und bringen alles zusammen.

Im Alter geht es um Vollendung! Wie bei einem guten Film!

Liebe Daniela, ich danke Dir für unser Gespräch, Deine Anregungen und vor allem, dass wir uns auf viel Sinn im Alter freuen können.

Herzlichst
Helga

Bücher von Daniela Philipp

  • SinnPulse 01 – Sinn und Entscheidung – Entscheidende Impulse für eine sinnvolle Wahl bei kleinen und großen Lebensfragen; live relations 2020

  • SinnPulse 02 – Sinn und Krise – Ermutigende Impulse für eine gelingende Zukunft trotz Krise; Live relations 202

Mehr zur Säule SINN in meinem Konzept für strahlend Alt werden, findet ihr in meinem Post 5 Säulen für ein strahlendes Alter

[1] Daniela Philipp: Training.Coaching.Consulting, https://www.coaching-consulting.at/ 

[2] Viktor Frankl Zentrum Wien https://www.franklzentrum.org/zentrum/programm.html

[i] Logotherapie & Existenzanalyse, ist die sinnzentrierte Psychotherapierichtung nach Viktor Frankl. Sie leitet sich von den 3 Grundgedanken ab: Freiheit des Willens, Wille zum Sinn und Sinn im Leben.

Reden wir auch über Sterben & Tod

Sterben & Tod. Was passiert beim Sterben? Viele haben in unserem Alter schon Menschen begleitet, die gestorben sind. Welches Bild habt Ihr daraus mitgenommen? Ist es Schicksal, was passiert oder kann man sich in irgendeiner Art und Weise vorbereiten, dass der Weg für einen selber und die Angehörigen gut wird? Was wäre gut? Was passiert danach? Wann habt Ihr Euch das letzte Mal mit Freunden oder Familie dazu ausgetauscht?

Fragen über Fragen! Und obwohl der Tod wirklich uns alle betrifft, besteht bei vielen eine große Scheu, sich damit auseinanderzusetzen. Über kaum ein anderes Thema reden wir so wenig miteinander. Wenn wir aber strahlend alt werden wollen, dann reicht es nicht, sich nur den schönen und angenehmen Dingen zu widmen. Man muss sich auch Themen stellen, die schwierig sein können, aber definitiv zum Alter dazugehören. Wirkliches Strahlen kommt aus dem Inneren, vor allem auch, wenn man mit sich selbst im Reinen ist. Das heißt, wir sollten uns vor der Auseinandersetzung mit Sterben und Tod nicht drücken.

Ich nehme die Feiertage Allerheiligen & Allerseelen daher zum Anlass, genau in dieses Thema einzutauchen und möchte Euch mit diesem Post ermutigen, es selbst einmal in den Fokus zu rücken.

Es gibt so viele neue Erkenntnisse aus der Sterbeforschung und aus Nahtoderlebnissen, die den ganzen Prozess des Sterbens in ein neues Licht tauchen. Bei mir zumindest ist durch das Lesen einschlägiger Literatur und vor allem den Austausch mit befreundeten Sterbebegleitern viel Angst und Unsicherheit abgefallen. Und mit diesem neuen Bild von Sterben und Tod lässt es sich für mich deutlich besser leben!

Take away

  • Es zahlt sich wirklich aus, offen über Sterben und Tod zu reden; über Ängste, Unsicherheiten, Trauer, Erfahrungen, Hoffnungen etc.

  • Neue Erkenntnisse zeigen, dass Sterben ganz anders abläuft, als es für uns von außen aussieht.

  • Es gibt vieles, mit dem wir uns ein Leben lang gut vorbereiten können, z.B. im Loslassen, Konflikte bereinigen, Traumata aufarbeiten, Verzeihen, Selbstliebe und ein JA zum eigenen Leben entwickeln.  

 

freshidea - stock.adobe.com “Death after Life”

 

Vielleicht wundert Ihr Euch, dass ich diesen Artikel der Säule RESSOURCEN zuordne und nicht den Säulen ALTER oder GESUNDHEIT. Für mich stehen nicht Krankheit oder Verfall im Vordergrund, sondern wie es einem gelingt, sich von all dem zu trennen, was einem als materielle Ressource wichtig war und auf neue Ressourcen zurückzugreifen, wie z.B. die Kraft, loszulassen, Vertrauen, innere Würde und unser Höchstes Bewusstsein.

WAS MAN BISHER ERLEBT HAT, PRÄGT EINEN

In unserem Alter haben wohl alle schon mehr oder weniger intensiv das Sterben und den Tod von nahen Verwandten, Großeltern, Eltern oder Freunden miterlebt und persönliche Erfahrungen gemacht. Und mit Sicherheit hat jedes dieser Erlebnisse mehr oder weniger tiefe Eindrücke hinterlassen. Die Bandbreite, wie sie erlebt wurden ist riesig. Einige Freunde haben mir von einer Art heiliger Stimmung und einem Gefühl von tiefem Frieden berichtet, die sie wahrgenommen haben. Andere von schrecklichen Szenen, die einem nicht mehr aus dem Kopf gehen. Nicht selten heißt es dann „So möchte ich nie enden“. Wieder andere sind schlicht und einfach erleichtert, dass eine lange Phase des Leidens oder eine schwierige Beziehung ein Ende hat. All das prägt uns!

Als Kind bin ich, nachdem mein Opa begraben wurde, immer voll Angst am Friedhof vorbeigelaufen, der auf meinem Schulweg lag, besonders, wenn es im Winter schon dunkel war. Von seinem Tod habe ich nicht viel mitbekommen, außer dass er „vergraben“ wurde und das war eine beängstigende Vorstellung. Dass ich mich heute mit diesem Thema freiwillig befasse, finde ich einen bemerkenswerten Erfolg in meiner Entwicklung. Dazu haben neben dem Erwachsenwerden einige einschneidende Erlebnisse beigetragen. Z.B. hat mir die Verarbeitung des Todes meiner Mutter den Weg in ein spirituelles, energetisches Weltbild eröffnet. Meine energetischen Ausbildungen mit vielen beeindruckenden Erfahrungen und einem mystisches Einheitserlebnis waren dafür ebenso wichtig, wie nicht zuletzt aktuell das Sterben meiner Schwiegermutter und kurz danach das einer engen Freundin, das ich sehr nahe miterlebt habe.

EIN NEUES WELTBILD HAT MIR GEHOLFEN

Für mich war der Wechsel von einem rein technisch-biologischen Weltbild mit einem unabdingbaren Ende zu einem spirituell-energetischem Weltbild ein Schlüsselerlebnis. Mit dem Tod meiner Mutter habe ich schwer gehadert und mir daher Hilfe geholt. Mein Therapeut hatte dabei die geniale Idee, mich in meinem Weltbild abzuholen und ich bin ihm heute noch für seine Sätze dankbar: „Als Technikerin müssen sie doch verstehen und wissen, dass Energie nicht vergehen, sondern nur umgewandelt werden kann!  Wo bleibt die Energie, die einen Menschen ausmacht, wenn der Körper stirbt? Die Energie und das Bewusstsein ihrer Mutter sind doch noch da!“ 30 Sekunden und mein Weltbild war schlagartig ein anderes! Es war wie ein Kopfsprung aus materiellem Denken in die Spiritualität. Mir war völlig klar, dass es genauso sein musste und ich war von unglaublichem Frieden und Neugierde über diese neue Dimension erfüllt.

Ich möchte Euch dazu ermutigen, Eure eigenen Erlebnisse mit Tod und Sterben von Angehörigen und Freunden vor den Vorhang zu holen und wenn sie nicht mit einem friedvollen Gefühl verbunden sind, gegebenenfalls mit einem Therapeuten, Coach oder Energetiker aufzuarbeiten, vor allem „Wenn du nicht so enden willst“. Es ist einfach wichtig zu einem eigenen guten Weg zu finden. Denn es sind die bewussten und unbewussten Bilder im Kopf, die uns wie ein Autopilot lenken (siehe dazu Dein inneres Drehbuch).

Angst liegt nie in den Dingen selbst,
sondern darin, wie man sie betrachtet.

Anthony de Mello

WAS DIE STERBEFORSCHUNG DAZU SAGT

Aus der Fülle von neuen Informationen, die die Sterbeforschung, Bewusstseins-Forschung und die Erforschung von Nahtod-Erfahrungen (z.B. Pim van Lommel[1], Bernard Jacoby[2], Monica Renz[3]) derzeit aufzeigt, möchte ich Euch einige mitgeben:

×        Sterben ist eine wichtige und sinnvolle Zeit! Denn Sterben ist mehr als ein körperliches Ableben und geistiger Zerfall!

×        Sterben ist ein Prozess, unabhängig von Religion und Glauben. Hier ereignet sich etwas, das sich dem Begleiter vollkommen entzieht. Es kommt zu einer fundamentalen Wandlung der Persönlichkeitsstruktur.

×        Oft wird dabei mehrfach eine Bewusstseinsschwelle überschritten, wobei sich die Wahrnehmung verschiebt. Es geht vom ICH, dem vernünftigen, rationalen Menschen, zum SEIN, eingebettet in ein nicht-lokales, endloses Bewusstsein. Und genau darin liegt die Würde dieses Prozesses!

×        Als Begleiter sehen wir nur aus unserem Alltagsbewusstsein die körperlichen und manchmal auch geistigen Veränderungen, aber der Sterbende ist in einer ganz anderen Erlebniswelt mit anderen Sinneserfahrungen und Aufgaben.

×        Der Prozess ist wie eine Extremerfahrung, die in 3 Phasen abläuft: DAVOR – HINDURCH – DANACH.

  • Im DAVOR muss sich der Sterbende nicht nur von allem Materiellen trennen, auch alles was dem ICH wichtig war (Wille, Vernunft, Macht ... ) bleibt zurück. Wenn man sehr stark an diesen Werten klammert oder viele unerledigte, unaufgearbeitete Themen hat, kann der Prozess schmerzhaft sein, .Oder auch gut, wie z.B. bei meiner Freundin, die meinte: “Jetzt bin ich mit allem und allen in Frieden”

  • Das HINDURCH ist der Prozess des eigentlichen Loslassens. Eine Schwellensituation und durchaus mit der Geburt vergleichbar. Aber diesen Prozess kann man mehrfach durchschreiten und er wird im Wechsel von Anhaftung, der Fähigkeit Loszulassen und dem Geschehen, das sich unserem Willen entzieht, sehr unterschiedlich erlebt. Hier kommt es auch zur persönlichen Lebensrückschau aller Gedanken und Taten und dem Erkennen des Sinns darin.

  • DANACH - Ähnlich wie bei der Geburt kommt es nun zu einer totalen Entspannung. Berichte von Nahtoderlebnissen erzählen fast immer vom Tunnel, von Licht und bedingungsloser Liebe (genau so hat mir auch mein Vater sein Nahtoderlebnis im Krieg beschrieben). Sterbende treten in einen Zustand der Ruhe, Gelassenheit, Glückseligkeit ein, Qualitäten von Friede, Freiheit und Liebe sind wahrnehmbar. Dieser andere Bewusstseinszustand ist unabhängig von Religion und Glauben.

Natürlich befinden wir uns in einem Grenzbereich zwischen klassischer Naturwissenschaft und den Erkenntnissen sogenannter alternativer Forschung, die sich primär im jeweiligen Weltbild unterscheiden. Und nirgendwo sonst kommt das klarer heraus, als dann, wenn wir vom Tod sprechen. Im rein biologischen Weltbild sind alle menschlichen Phänomene chemisch und neurologisch begründet, Bewusstsein ist ein Nebenprodukt der Gehirntätigkeit und alles kommt mit dem Tod zu einem Ende. Im quantenphilosophischen und spirituellen Weltbild ist alles Energie und Information und der Mensch macht nach seinem körperlichen Ableben einen Bewusstseinssprung und existiert auf einer anderen Dimension. Diese Sichtweise ist durch die intensive Erforschung der Sterbeprozesse und Nahtoderlebnisse (allein in Deutschland gibt es 4 Millionen dokumentierte und ausgewertete Fälle) sehr gut belegt. Demnach existiert Bewusstsein unabhängig vom Körper und der Tod ist nur ein Übergang in eine andere Form des Seins.

Ist es wichtig zu wissen welches Weltbild das „Richtige“ ist? Ich stehe dem sehr pragmatisch gegenüber. Wenn es um den persönlichen Frieden mit dem Thema Sterben und Tod geht, dem Auflösen von Angst und Unsicherheit, dann ist für mich das richtig, was einem ein gutes Gefühl gibt. Auch Max, ein befreundeter Sterbebegleiter meinte, „Entscheidend ist, dass man ein eigenes Bild davon hat, wohin es geht und damit in Einklang ist“.

EINE SACHE DER WÜRDE

Immer wieder habe ich mich dabei ertappt, mit dem körperlichen Verfall von Sterbenden zu hadern. Für jemanden, dem es gut geht, ist es einfach schlimm zusehen zu müssen, wie sich Körper und Können verändern. Denn von klein auf haben wir gelernt, dass menschliche Würde mit Selbstbestimmung über den eigenen Körper untrennbar verbunden ist.

Die Frage von Würde hat sich für mich durch die oben zitierten Erkenntnisse und die Gespräche mit Sterbebegleitern vollkommen verändert. Nicht mehr der Körper steht während des Sterbeprozesses im Vordergrund (auch wenn er natürlich bestmöglich medizinisch unterstützt werden soll!), sondern das Innenleben, die geistige Dimension und deren Würde. In dieser Klarheit ist das zumindest für mich neu.

Als Angehöriger und Begleiter kann man sich dieser inneren Würde zuwenden. Es geht um das Erfüllen von letzten Bedürfnissen (z.B. sich aussprechen zu wollen, sich von Familie oder Freunden verabschieden wollen, Wünsche über Beerdigung äußern) und das Hineinfühlen in die Person. Denn Sterbende reagieren mehr und mehr auf Schwingungen und dazu gehören auch die Gefühle der Anwesenden. Sie hören alles und reagieren positiv auf Musik, mehr als wir glauben. Ein Freund berichtet mir, wie entscheidend es war, seiner Frau die “Freigabe zum Gehen” zu geben.

Sterbende denken und erleben nicht mehr immer rational und logisch, aber auch nicht unlogisch, sondern in Metaphern und Analogien und drücken sich oft in Symbolen aus. Dies zu erkennen und in dieser Situation als normal anzuerkennen ist wichtig für den würdevollen Umgang mit dem Sterbenden!

Max hat mir von den vielen Möglichkeiten berichtet, wie man Sterbende auf ihrem Weg liebevoll begleiten kann. Was seine Erzählungen ausgemacht hat, war diese vorbehaltlose Annahme, völlig ohne jegliches Werturteil über körperliche oder mentale Veränderungen.

GIBT ES GUTES STERBEN? KANN MAN SICH GUT VORBEREITEN?

Können wir beurteilen, was gut ist? Ist es ein schneller Tod (z.B. plötzlicher Herztod oder Unfall) oder langsames, bewusstes Abschiednehmen besser? Führt ein erfülltes Leben zu gutem Sterben?

Haben wir tatsächlich Einfluss darauf, wie unser Sterbeprozess abläuft? Und wenn ja, was kann man machen, um sich vorzubereiten? Wenn ich diese Fragen stelle, werde ich immer überrascht angeschaut „Wieso fragst Du? Möchtest Du schon sterben? Bist du krank?“ Nein! Ich möchte mich nur mit etwas auseinandersetzen, das in den nächsten 30-35 Jahren definitiv passieren wird! Auf alles bereiten wir uns vor, nur darauf nicht? Natürlich liest man viel über die Fortschritte in der Palliativmedizin, in der Pflege bis hin zur kontrovers diskutierten Sterbehilfe. Es ist auch sinnvoll, eine Patientenverfügung zu erstellen, um den medizinischen Teil abzugrenzen. Aber das betrifft alles nur die körperlichen Aspekte. Mir geht es um den inneren Prozess und die Einstellung dazu, also meine inneren Ressourcen!

Wir können die Tatsachen nicht ändern,
aber wir können unsere Einstellung dazu ändern,
indem wir besser verstehen lernen.
Bernard Jacoby

Vielleicht kennt Ihr sie bereits, die australische Krankenschwester Bronnie Ware[4], die festgehalten hat, was Sterbende am meisten bereuen, oder lieber anders gemacht hätten. Diese nannten immer und immer wieder dieselben Dinge und damit könnte man doch anfangen.

  1. Ich hätte gerne den Mut gehabt, mein eigenes Leben zu leben – und mich nicht von den Erwartungen anderer leiten lassen.

  2. Ich hätte nicht so hart arbeiten dürfen (Ich hätte gerne mehr Zeit für meine Kinder und Partner gehabt).

  3. Ich hätte den Mut haben sollen, meine Gefühle auszudrücken.

  4. Ich hätte mit meinen Freunden in Kontakt bleiben sollen.

  5. Ich hätte mir mehr Glück und Zufriedenheit gönnen sollen.

Außerdem können wir uns ein Leben lang darauf vorbereiten, indem wir auch immer wieder Loslassen üben. z.B. uns von Gegenständen trennen, in Beziehungen nicht klammern (Partner, Eltern, Kinder aber auch Freunde), Verluste akzeptieren und annehmen und uns selbst und anderen Fehler verzeihen. Denn es geht um nichts anderes, als durch Selbstakzeptanz und Selbstliebe Eigenverantwortung für das gelebte Leben zu übernehmen!

Schließlich wollte ich von Max auch wissen, welche Möglichkeiten er aus seiner jahrzehntelangen Sterbebegleitung als gute Vorbereitung ansieht und er nannte mir folgende 3 Punkte:

Ein friedlicher Verlauf und ein einfacherer Übergang stellen sich dann ein,

1.      wenn man mit sich im Reinen ist. Z.B. möglichst wenig emotionalen Ballast mitschleppt oder unbedingt noch etwas erledigen möchte.
Dazu gehört auch, dass man Streitigkeiten beilegt und Verletzungen, Angst und Schmerz aufarbeitet. Denn alles, was unterdrückt wurde und wir nicht wahrhaben wollten, kommt spätestens beim Sterben an die Oberfläche und wirkt sich auf das DAVOR und HINDURCH aus.

2.     wenn man ein persönliches und befriedigendes Bild vom Tod und vom DANACH hat, das einem Orientierung gibt. Dafür ist es unerheblich ob es biologisch, religiös oder spirituell ist.

3.     Vor allem aber hat er mir empfohlen: Redet miteinander darüber!  

Herzlichst
Helga

Zu diesem Thema passt auch der Post: Jour Fixe mit dem inneren Kernteam

[1]    Pim van Lommel: Endloses Bewusstsein: Neue medizinische Fakten zur Nahtoderfahrung; Knaur, 2013

[2]   Bernard Jakoby: Was geschieht wenn wir sterben? Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Tod. Nymphenburger 2015

[3]   Monika Renz: Hinübergehen. Was beim Sterben geschieht; Herder 2016

[4]     Bronnie Ware: 5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen; Goldmann 2015

Etwas machen, das Sinn macht.

Wer will das nicht? Etwas Sinnvolles machen, ist eines unserer tiefsten menschlichen Bedürfnisse. Optimaler Weise findet man das bereits im Job. Aber ehrlich, nicht immer erschließt sich der Sinn im Beruf und nicht alle Talente sind gefragt oder rechnen sich. Jetzt ist die Zeit dafür! In der Pension kann und soll man wählerisch sein und sich aussuchen, mit welchen Tätigkeiten man die eigenen Fähigkeiten zum Ausdruck bringen will. Dass wir es aber auch als sinnvoll bewerten, erfordert noch einen weiteren Aspekt, nämlich, dass es ein Beitrag zum Wohl anderer ist.

Daher finde ich es wichtig, nicht irgendeine Tätigkeit in der Pension zu machen oder sich einfach nur eine Beschäftigung zu suchen. Es muss schon etwas sein, das für einen selbst UND für andere einen Wert hat. Das kann organisiert oder informell sein, dem eigenen, ehemaligen Job ähnlich oder ganz etwas anderes sein, entscheidend ist nur wie man diese Tätigkeit selbst bewertet. In diesem Post möchte ich dem Sinnvollen nachgehen und Euch ein paar Beispiele beschreiben.

Take away

  • Wer sich sinnvoll engagiert lebt gesünder!

  • Sinnvoll erachten wir etwas, das für uns selbst und andere einen Wert hat.

  • Auch eine sinnvolle Tätigkeit in der Pension soll kein Full-Time-Job mehr sein.

  • Mindestens die Hälfte aller Pensionisten von 60-80 leisten mit ihrem freiwilligen Engagement einen unverzichtbaren Beitrag für unsere Gesellschaft.

 

Foto: Laurenz Vavrovsky

 

FREIWILLIGENARBEIT VON PENSIONISTEN IST EINE GESELLSCHAFTLICH RELEVANTE GRÖSSE

Habt Ihr gewusst, dass fast 57% aller Pensionisten zwischen 60 und 69 und 43% der 70 bis 79-jährigen im Rahmen von Freiwilligenarbeit tätig sind. Diese Zahlen aus 2015 (werden jetzt sie sicher noch höher sein!) habe ich im Freiwilligenbericht 2019 des österreichischen Sozialministeriums gefunden. In Summe sind das in Österreich fast 1 Million Menschen zwischen 60 und 80, die regelmäßig einer gesellschaftlich relevanten Tätigkeit außerhalb des eigenen Haushalts nachgehen! Und dazu kommen noch die informellen Engagements und Nachbarschaftshilfe.

Die Freiwilligenarbeit ist in den letzten 10 Jahren regelrecht „explodiert“. In Deutschland wollten sich 2012 gerade einmal 27% der Senioren engagieren[i], heute sind es 77% [ii]! Die Haupttätigkeitsfelder sind die Betreuung anderer älterer Menschen, die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen sowie die Kommunalpolitik. Im Bereich Pflege und Soziales engagieren sich 9% und für Kunst und Kultur 8%. 

 

Neue forsa-Studie zum gesellschaftlichen Beitrag von Senioren

 

Also, obwohl ich mich schon länger mit den aktiven Senioren befasse, hat mich diese Statistik tief beeindruckt und zeigt, dass wir Senioren nach wie vor einen wesentlichen Beitrag für unsere Gesellschaft leisten!

WARUM IST ES WICHTIG ETWAS SINNVOLLES ZU MACHEN?

Im letzten Post Neues erleben, das Spaß macht ist es mir darum gegangen, dass wir uns im Alter ausreichend Zeit und Gelegenheit geben Spaß zu haben und Neues erleben. Beides ist gut für unsere Vitalität und Gesundheit. Aber nur Spaß haben ist nicht genug, denn es ist auf Dauer nicht befriedigend. Speziell für die psychische Gesundheit ist Sinnerleben essentiell. Das gilt in allen Lebensabschnitten, ganz besonders auch in der Pension, wenn Erwerbstätigkeit und Familienorganisation weitgehend vorbei sind.

Wenn es um Sinn geht, stehen nicht Ziele und Erfolg im Zentrum, sondern Werte!

Ich bin diesem Sinnempfinden nachgegangen und es decken sich die Definitionen:

Wir sehen etwas als sinnvoll an,
wenn es für uns selbst
und auch für andere einen Wert hat.

Das ist auch der Unterschied zu Spaß und Hobby, die man beide auch aus Begeisterung und mit Freude macht, aber primär für sich selber. oder andererseits, wenn man etwas NUR für andere macht. Viele Studien zeigen, dass freiwilliges Engagement von Senioren neben dem Erfüllen eigener Werte insbesondere für das Wohlfühlen, die Lebenszufriedenheit, die sozialen Kontakte, aber auch für bessere physische und mentale Gesundheit sorgen. Also alles in allem, ein Lebenselixier!
Hier sind die 4 wichtigsten Punkte, die beschreiben was eine sinnerfüllte Tätigkeit ausmacht:

  • Entspricht sie meinen Werten (z.B. soziales Engagement, Kultur, Kunst, Liebe, Hilfsbereitschaft, Weitergeben, ... )?

  • Ermöglicht sie mir Selbstverwirklichung & Selbstentfaltung – Kann ich meine Talente und Fähigkeiten damit ausleben?

  • Bedeutsamkeit – Trägt diese Tätigkeit zum Wohl anderer Menschen oder der Gesellschaft etwas bei und bekomme ich das auch zurückgespiegelt?

  • Fühle ich mich zugehörig? Ebenfalls ein wichtiger Punkt! Wir nehmen nachweislich eine Tätigkeit dann noch mehr als sinnvoll wahr, wenn wir sie im Rahmen einer Gemeinschaft mit Fürsorge und Harmonie erleben.

ES GIBT UNENDLICH VIELE MÖGLICHKEITEN

Ich habe mit vielen gleichaltrigen Bekannten über ihr Engagement gesprochen und war fasziniert von der Fülle unterschiedlicher Tätigkeiten, über die sie mir berichtet haben. Sehr viele betreuen ihre Enkel regelmäßig ein- oder mehrmals in der Woche, andere die Eltern und genau das ist es, was Familie so wertvoll macht, finde ich. Andere engagieren sich mit Kindern, sei es beim Lesen lernen in der Schule oder im Sportverein. Ein Freund und Forstwirt bringt Schulkindern den Wald näher. Ein anderer Freund, früher Arzt, war immer schon begeisterter Handwerker. Nun ist er mit Leib und Seele die graue handwerkliche Eminenz in seiner ganzen Siedlung, zur Freude aller Nachbarn, und er ist glücklich über jedes Projekt. Alle diese Sinn-Tätigkeiten beinhalten viel Engagement, Verantwortung und auch Verpflichtung.

Sogenannte Freiwilligenarbeit findet immer in einem organisatorischen Rahmen statt, unentgeltlich und zum Zweck der Förderung der Allgemeinheit, wie es offiziell heißt. Wie unterschiedlich Freiwilligenarbeit sein kann, möchte ich Euch anhand der Tätigkeiten von Robert, meinem Mann, und unserem Freund Mario zeigen.

Freiwilligenarbeit im Museum : „Ich bin in einer neuen Welt gelandet!“

Robert hat viele Jahre in einem internationalen Konzern gearbeitet und war danach selbständig. Bereits vor Beginn seiner Pension tauchte der Wunsch auf „Ich möchte etwas mit meinen Händen erschaffen, kreativ sein und gleichzeitig etwas für die Gesellschaft beitragen“. Er hat sich intensiv auf die Suche nach so einer Tätigkeit gemacht und sie auf der Freiwilligenmesse beim Museumsmanagment NÖ gefunden. Im Rahmen der Ausbildung zum Museumskustos ist er auf die Zinnfigurenwelt Katzelsdorf, eines der größten Museen dieser Art weltweit, gestoßen, die freiwillige Mitarbeiter gesucht hat. Mit Zinnfiguren hatte er sich bis dahin nie beschäftigt, aber die Tätigkeit an sich war perfekt für ihn. Heute recherchiert er historische Hintergründe, gestaltet, baut und renoviert Dioramen (das sind Schaubilder, ähnlich Mini-Bühnen, die die Zinnfiguren in Szene setzen), kuratiert Ausstellungen, erstellte Unterlagen für das Museumsgütesiegel u.v.m. Vom Handwerklichen (seiner Leidenschaft) bis zum Organisatorischen (seinen beruflichen Erfahrungen) kann er alles verbinden. Und auch der gesellschaftliche Aspekt ist erfüllt, denn Zinnfiguren sind heute kulturhistorisches Gut.

Als ich ihn frage, was das wichtigste für ihn bei dieser Tätigkeit ist meint er: „Es ist die Kombination von Tätigkeiten, die meinen Fähigkeiten 100%ig entsprechen, die Freude am Schaffen und dass meine Talente gebraucht werden!  Ich mache etwas für mich Sinnvolles und das wird anerkannt. Außerdem bin ich einfach gerne dort. Diese Freiwilligenarbeit ist derzeit zu einem unverzichtbaren Bestandteil meines Lebens geworden und macht mich glücklich“.

 

„Klosterbibliothek“ – Diorama und Foto: Robert Pražak

 

Soziales Engagement: Mentoring für Migranten

Unser Freund Mario erzählt mir: „Die Freiwilligenarbeit ist mir passiert, ich habe nicht danach gesucht. Aber sie kam genau zum richtigen Zeitpunkt, um neben Sport, singen und einer neuen Ausbildung auch noch etwas für andere zu tun. Das ist wie geschaffen für mich.“

Mario war ebenfalls in der Industrie im Management tätig und hat zusätzlich immer neue Aufgaben gesucht. So hatte er bereits Erfahrung mit dem Mentoring für Migranten. Nach der Logotherapie-Ausbildung am Frankl-Institut hat ihn eine Bekannte angesprochen, ob er sich bei einer Pfarrcaritas in der Beratung engagieren würde. Einmal pro Woche berät und unterstützt er Bedürftige, die sich in einer schwierigen Lebenssituation befinden. „Menschen in Not helfen zu können, erfüllt mich mit Sinn. Auch wenn diese Tätigkeit manchmal sehr fordernd sein kann, weil man sowohl mit schweren Schicksalen konfrontiert wird, als auch mit Leuten, die möglicherweise die Hilfsbereitschaft einfach nur ausnützen wollen. Das zu unterscheiden ist nicht immer einfach. Aber genau dadurch lerne ich ständig Neues dazu und gehe mit Dankbarkeit für mein eigenes Leben nach Hause.“

ES DARF KEIN FULL TIME JOB MEHR SEIN

Trotzdem finde ich, dass Freiwilligenarbeit in der Pension kein Full-Time-Job werden sollte. Es muss wirklich ausreichend Zeit bleiben, sich um den Körper zu kümmern, um Liebe und Beziehungen zu pflegen, für Spaß und ganz besonders auch um Zeit für sich selbst, Selbstreflexion und inneres Wachstum zu haben. Also für alle 5 Säulen für ein Strahlendes Alter!

Daher hat es mich wirklich gefreut, als ich im Freiwilligenbericht des Sozialministeriums gelesen habe: „Um das eigene Wohlbefinden zu steigern, würde es nichts nützen, sich in sehr hohem Ausmaß freiwillig zu engagieren, Die Steigerung der Gesundheit und des Wohlbefindens durch Freiwilligentätigkeit unterliegt Grenzen. Optimal ist ein Engagement mit maximal 15 Stunden pro Woche. Höheres oder intensiveres Engagement geht hingegen mit geringerem Wohlbefinden einher.

Wenn Ihr also eine neue, sinnstiftende Tätigkeit sucht, würde ich Euch empfehlen eine der Freiwilligenmessen, die in vielen Städten stattfinden, zu besuchen, oder Euch auf den verschiedenen Plattformen umzusehen. Die meisten Angebote dort sind allerdings für junge Leute und man muss schon einigermaßen selektiv suchen. Einige Beispiele für Seniorenarbeit, die mich begeistert haben, findet Ihr auch in meinem Post Neue Wege ins Alter Ich glaube aber, dass viele Tätigkeiten, die wirklich Sinn machen, in Deinem ganz persönlichen Umfeld zu finden sind - frag Dich einfach durch. Weil Mario so begeistert von seiner Arbeit erzählt, hat er schon zwei Freunde angesteckt, die ihre eigene sinnvolle Tätigkeit gefunden haben. Was immer Ihr macht, es muss Euren Werten, Fähigkeiten und Talenten entsprechen, denn nur das ist auf Dauer erfüllend.

Herzlichst
Helga

Ganz aktuell: die nächste Wiener Freiwilligenmesse findet vom 8. bis 9. Oktober 2022 im Wiener Rathaus statt.

Zu diesem Thema passt auch mein Post Neue Rollen, neue Aufgaben   über den Film Man lernt nie aus. Robert De Niro spielt einen Senior, der in einem Start-up Unternehmen ein Praktikum macht.

[i] Stern & Körber Stiftung 2012, Deutschland – Forsa Studie „Alter neu erfinden – Altern in Deutschland“ http://asset3.stern.de/media/pdf/Doppelseiten_Broschuereforsa19.04.2012.pdf

[ii] Neue forsa-Studie zum gesellschaftlichen Beitrag von Senioren https://initiative-herzklappe.de/forsa-umfrage-zum-gesellschaftlichen-engagement-von-senioren


 
 

Warum vergeht die Zeit im Alter schneller?

„Unglaublich, wie schnell die Zeit vergeht! Das kann doch nicht schon wieder ein Monat / ein Jahr ... her sein? Wann haben wir uns das letzte Mal gesehen? “ Egal wen ich in meinem Alter treffe, für alle scheint die Zeit schneller dahinzulaufen als früher. Früher, da hatten wir doch mehr Zeit, oder?

Das mit der Zeit ist eine wirklich komische Sache. So exakt man sie messen kann, so vielschichtig und unterschiedlich fühlt sie sich für jeden von uns an: oft erscheint sie zu kurz, mal vergeht sie überhaupt nicht, gelegentlich scheint sie stehen zu bleiben, aber meistens nicht dann, wenn es am Schönsten ist. Und weil auch das Zeitgefühl im Alter eine große Rolle für unser Wohlbefinden und unsere Zufriedenheit spielt, möchte ich dem Phänomen heute nachgehen: Warum vergeht die Zeit immer schneller, je älter man wird? Und wie machen wir mehr aus unserer Zeit?

Take away:

  • Der so genannte Erinnerungseffekt lässt die Zeit lang oder kurz erscheinen – unabhängig vom Alter

  • Wenn Du willst, dass dir die Zeit lang und wertvoll vorkommt, dann raus aus der Routine und immer wieder Neues suchen

  • Etwas machen, das mit Sinn erfüllt

 

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Die Zeit von 60 bis 90 ist genau so lang,
wie die von 30 bis 60 und die von der Geburt bis 30! 

Sind diese drei Abschnitte gleich lang für Dich? Welcher kommt dir am längsten vor?

Auch wenn es meistens heißt, für Kinder dauert die Zeit immer viel länger, mir kommt der Lebensabschnitt von 30 bis 60, also mein Berufs- und Familienleben am weitaus längsten vor. Gefühlt macht er mein Leben aus! Vielleicht, weil er so unglaublich reichhaltig war und damit in meiner Erinnerung einen mächtigen Stellenwert hat! Und trotzdem kommt ja noch ein weiterer ganzer Lebensabschnitt dazu!

Wenn man in Pension geht, hat man noch (etwa) ein Drittel des Lebens vor sich! Das ist eine simple Rechnung und trotzdem sind viele überrascht, wenn ich ihnen das vorrechne. Ja natürlich, wir wissen nicht, ob wir wirklich 90 Jahre oder älter werden und daher macht diese Unsicherheit diesen Lebensabschnitt unberechenbarer als die davor. Umso mehr macht es Sinn, jede Minute leben und nicht nur vergehen zu lassen.

Wirklich spannend finde ich, dass das Alter für mich durch diese Überlegungen zu neuer Bedeutung gekommen ist. (siehe auch Posts Alter ist ein Job, die 5 Säulen für ein vitales & glückliches Alter und Gewonnene Jahre). Und immer wieder taucht die Frage auf, wie erfülle ich diese vor mir liegende Zeit mit Sinn und Lebensfreude, damit sie am Ende auf besondere Weise genau so reichhaltig ist, wie die zwei Abschnitte davor?

WARUM DIE ZEIT ALS ERWACHSENER SO SCHNELL VERGEHT

Die gängige Meinung ist, dass wir die Zeit an unserem Lebensalter messen, dass also für einen 10-Jährigen, ein Jahr 1/10 seines Lebens ist, während es für mich bereits 1/67 ist, also relativ viel weniger. Das mag sein, wichtiger als der Zeitfaktor ist allerdings der Erinnerungseffekt, also was man alles in dieser Zeit erlebt hat und der ist abhängig davon, wie viel Routine, was und wie viel Neues man erlebt hat. Retrospektiv rekonstruieren wir also die Dauer von Zeitspannen auf Basis erinnerter Ereignisse in einem vergangenen Zeitabschnitt. Je mehr wir uns an unterschiedliche Ereignisse erinnern, desto länger schätzen wir den Zeitabschnitt.

Je mehr Routine, desto schneller vergeht in der Erinnerung die Zeit! Mit dem Alter steigt meist der Anteil an Routine ziemlich stark an, während wir immer weniger wirklich Neues erleben. Als Kind und Jugendlicher und auch noch im Beruf, ist man permanent mit Neuem konfrontiert, das man intensiv erlebt und das entscheidenden Einfluss auf unser Leben hatte. Zusätzlich ist aber auch wichtig, dass dieses Neue Bedeutung hat und möglichst Begeisterung auslöst. Natürlich erleben wir im Alter auch Neues, aber nicht immer gewollt und angenehm.

Es mag für andere nur eine Kleinigkeit sein, aber für mich war z.B. das erste Mal Rote Rüben ernten am Bauernhof mit 66 etwas ganz besonders Begeisterndes, weil es mich aus meinen kopflastigen Tätigkeiten herausgerissen hat!

Routine und weniger Neues sind also zwei Faktoren, die uns die Zeit im Rückblick schrumpfen lassen. Zwei weitere Faktoren sind Stress und Anspannung. Sie bewirken, dass uns Ereignisse weniger bewusst bleiben, weil wir sie weniger detailreicher und mit weniger Achtsamkeit erlebt. Und glaubt ja nicht, dass Pensionisten weniger Stress haben!

SO MACHST DU MEHR AUS DEINER ZEIT

Ob wir im Alter die Zeit kurz oder lang empfinden hat also mit Sinn, Bedeutung, Qualität und Ruhe zu tun. Und all das liegt in unserer eigenen Entscheidung!

Wenn wir das zusammenführen, dann scheinen für mich die folgenden 7 Punkte entscheidend dafür, wie ich meinem Leben so viel Qualität gebe, dass ich mich nicht nur im Jetzt, sondern auch in Zukunft rückblickend, darüber freuen kann:

  • Immer wieder aus der Routine ausbrechen und NEUES erleben

  • Begeisterung in diesem Neuen finden, denn „Begeisterung ist der Dünger für unser Gehirn“ (Gerald Hüther)

  • Dinge tun, die für einen Sinn machen. Nach Viktor Frankl ist es existentiell für uns Menschen Sinn zu finden, zu realisieren und zu erleben. Dieser Sinn kommt nicht von außen, sondern den können wir nur in uns finden - das geht in jedem Alter!

  • Keine Zeit im Alter verschwenden mit unwichtigen Dingen oder Dingen und Themen, die man nicht beeinflussen oder ändern kann. Übrigens eine der Empfehlungen aus einer Studie über glückliche Hundertjährige!

  • Achtsam das Jetzt erleben und seine vielen Details aufnehmen

  • Der Vergangenheit Bedeutung geben, etwa durch das Schreiben von Memoiren (siehe Memoiren - mehr als Erinnerung)

  • Sich auch aussöhnen mit jenen Zeiten, die vielleicht nicht so schön waren

Das sind meine Gedanken, die Zeit langsamer vergehen zu lassen. Aber ehrlich, es gibt auch Situationen, da sind wir froh, wenn die Zeit sehr schnell vergeht :)

Herzlichst
Helga

Zu diesem Thema gibt es ein gutes Video
Dr. Derek Muller/Veritasium
Why Life Seems to Speed Up as We Age – can we slow it down? https://www.youtube.com/watch?v=aIx2N-viNwY

 

Memoiren - mehr als nur Erinnerungen

Hast Du schon darüber  nachgedacht deine Autobiografie oder deine Memoiren zu schreiben? Nein? Ich auch nicht! Aber ich habe diesen Prozess bei meiner Schwester miterlebt, die vor 3 Jahren damit begonnen hat und nun fast fertig ist.  Warum sie das gemacht hat, was dabei so interessant war und wie sich die Motivation während des Schreibens geändert hat, möchte ich euch heute berichten. Denn ich glaube, dass es für jeden interessant ist, das eigene Leben zu reflektieren, um daraus Klarheit und Kraft zu erfahren und es zu würdigen.

Take away

  • Selbstreflexion als Entwicklungsaufgabe im Alter.

  • Herausfinden, was im eigenen Leben wirklich zählt.

  • Weil man sich das Positive vor Augen führt und weniger Positives nun mit Abstand neu bewerten kann.

 
 

LEBENSRÜCKBLICK GEHÖRT ZU DEN WICHTIGSTEN AUFGABEN IM ALTER

Es gibt die verschiedensten Motivationen dafür, den Lebensrückblick niederzuschreiben. Viele Menschen wollen Erinnerungen und besondere Erlebnisse für ihre Nachkommen festhalten. Aber noch viel häufiger liegt die Motivation darin, sich an die schönen und/oder auch an die weniger schönen Zeiten zu erinnern und so ein neues Verständnis dafür zu schaffen oder damit abzuschließen. Wenn man das ehrlich und ohne Werturteil über sich und andere zu Papier bringt, merkt man schnell, wie gut man so manches bewältig hat und wie wunderbar sich manche Wendungen im Leben ergeben haben.

Das Memoirenschreiben ist inzwischen in der Altersforschung als identitätsstiftende und besonders sinnvolle Tätigkeit anerkannt. Es geht nicht um sentimentales Schwelgen in der Vergangenheit, sondern um Selbstreflexion als Entwicklungsaufgabe im Alter. In einer Dissertation zu diesem Thema heißt es: „Dieses autobiografische Erinnern hat eine besondere Wirkung auf das Wohlbefinden und kann als wesentliche Ressource zur Gestaltung des eignen Alters beitragen und zählt zu den bedeutendsten, sinnstiftenden Tätigkeiten im Alter.“  [i]

MEMOIREN ODER AUTOBIOGRAPHIE – ZWEI VERSCHIEDENE DINGE

Es gibt zwei Arten diesen Lebensrückblick zu gestalten. Wenn man von Autobiographie spricht, dann meint man einen Bericht über das Leben, chronologisch, detailliert, in dem Daten und Fakten eine wichtige Rolle spielen. Bei Memoiren geht es um einen Bericht aus dem Leben, also Erinnerungen über bestimmte Ereignisse oder Epochen, in denen das persönliche Erleben im Vordergrund steht. Das kann das Berufsleben sein, das Familienleben, das können Reiseerinnerungen oder einfach besondere Ereignisse sein.

ERFAHRUNGEN MIT DEM MEMOIREN SCHREIBEN

Meine Schwester Daya ist vor 50 Jahren der Liebe wegen von Österreich nach Japan gezogen, also zu einer Zeit, in der das noch mehr als ungewöhnlich war. Dementsprechend ungewöhnlich war auch ihr Leben zwischen zwei so unterschiedlichen Kulturen. Telefonieren war kaum möglich, Videochats wie heute waren unbekannt, also blieben nur Briefe um zu kommunizieren. Unsere Mutter hat alle Briefe von Daya gesammelt und so existieren über 1.000 handgeschriebene Briefe über ihr Leben in Japan! Vor 3 Jahren hat sie begonnen anhand dieser Briefe ihre Lebensgeschichte und vor allem auch den europäischen Hintergrund für ihre Kinder und Enkelkinder zusammenzufassen. Dass daraus mehr geworden ist und sie viele persönliche Erkenntnisse gewonnen hat, hat sie selbst überrascht.

Ich habe viele, lange Gespräche mit meiner Schwester dazu geführt und möchte euch das Wichtigste berichten.

Daya, was waren für dich die interessantesten Erkenntnisse durch das Schreiben deiner Memoiren?

Natürlich hat man eine Vorstellung davon, wer man eigentlich ist und weiß, was im Leben bedeutsam war. Aber beim Memoirenschreiben muss man notgedrungen eine Auswahl treffen. Das Gewicht, das ich manchen Erinnerungen gab - wohingegen ich andere als unwichtig beiseite geschoben habe - zeigte mir deutlich, was mir ganz persönlich von größter Bedeutsamkeit erschien. Was in meinem Leben wirklich zählt!

Das waren in meinem Fall nicht unbedingt berufliche Erfolge oder die vielen Reisen, auch wenn sie mich mit Freude und Stolz erfüllen. Für mich war es geradezu lebenswichtig, dass meine japanisch-österreichische Familie beide Kulturen zu ihrem Recht kommen ließ. Von überragender Bedeutung waren deshalb familiäre Traditionen, die ich offensichtlich ganz gezielt als Gegengewicht zur japanischen Umgebung einsetzte und förderte, obwohl mir das damals gar nicht voll bewusst war. Ich hatte immer schon das Gefühl, dass unsere Familienfeste (Fasching, Weihnachten, Geburtstage,...) etwas Besonderes waren, aber wie besonders wurde mir erst klar, als ich Seite um Seite mit Beschreibungen und Fotos davon füllte. Die Kreativität, mit der wir sie gestaltet haben, hat auch meine Lehrtätigkeit enorm beeinflusst und zieht sich wie ein roter Faden durch mein ganzes Leben. Seit mir das in dieser Klarheit bewusst ist, kann ich auch viel besser damit umgehen, dass mit dem Alter viele Veränderungen kommen. Manche Sportarten gehen nicht mehr wie früher, weite Reisen derzeit auch nicht. Aber wenn ich sehe, wie meine Kinder diese Traditionen übernehmen und ihr eigenes daraus machen, ist mein Lebenstraum erfüllt.

Lernt man auch weniger positive Dinge und Lebensumstände besser einzuschätzen?

Oh ja, auch die konnte ich durch das Schreiben aufarbeiten, sie von mir ablösen und meinen Frieden damit schließen. Das vermutlich Wichtigste war, dass mir klar wurde, dass es selbst in einem Leben, das man im Rückblick als erfüllt und glücklich beurteilt, auch Schwierigkeiten und teilweise sehr große Herausforderungen gegeben hat. Aber alle Situationen haben sich in irgendeiner Form und durch mein Zutun positiv aufgelöst. Mir ist klar geworden, welche Methoden ich einsetze, um mit Problemen fertig zu werden und dass ich darauf vertrauen kann. Das hilft mir auch heute mit aktuellen Herausforderungen klar zu kommen. Zu wissen, dass es auf die eine oder andere Weise immer gut weiter geht, gibt ein unglaubliches Gefühl von Sicherheit.

Und schließlich ist durch das Niederschreiben der vielen schönen Erlebnisse meine Dankbarkeit enorm gestiegen. Ich trage so viele schöne Erinnerungen in mir.

Wie bist Du es praktisch angegangen?

Ich habe drei Bereiche gewählt. Der erste Abschnitt meiner Memoiren handelt von unserer Familie und geht zurück bis ins 19. Jahrhundert. Es ging mir darum das Leben unserer Großeltern und Eltern wiederzugeben und in das soziale Umfeld von damals einzuordnen, damit dieser österreichische Teil der Familie für meine eigenen Kinder und Enkel in Japan zugänglich ist. Dabei habe ich selber erstaunlich viel über unsere Eltern erfahren und sie besser verstehen gelernt. Sie haben zwei Weltkriege und die Zeit der Depression in ihrer Jugend miterlebt und trotzdem danach so viel aufgebaut und uns mitgegeben. Es ist über ihre Vergangenheit selten gesprochen worden, und dennoch hat alles, was sie erlebt haben, uns mitgeprägt. Was mich an diesem Teil so fasziniert hat, ist, dass ich vieles von ihnen in mir erkenne und trotzdem meinen eigenen Weg gegangen bin.

Die Kapitel über meine Kindheit und Jugend waren mehr oder weniger von Nostalgie geprägt, wobei ich versucht habe, den Lebensstil der damaligen Zeit miteinzubeziehen. Ein Leben ohne Plastik, ohne Flugreisen, ohne Computer kann man sich ja heutzutage kaum mehr vorstellen.

Am Spannendsten war es mein Erwachsenenleben zu beschreiben, Die Briefe, in denen ich den Eltern mein Leben in Japan beschrieben habe, haben mich berührt, als wäre ich in eine Zeitmaschine geraten. Das war wirklich ich selber; so habe ich damals gedacht; das war mir damals wichtig genug, es schriftlich festzuhalten. Erstaunlicherweise habe ich bemerkt, dass ich mich problemlos mit meinem jüngeren Selbst identifizieren konnte. Meine Einstellung gegenüber vielen Dingen hatte sich nicht grundlegend verändert, ich habe nur dazugelernt. Diese Texte haben längst vergessen geglaubte Einzelheiten wieder wachgerufen. Sofort war alles wieder da, Bilder, Gefühle, selbst Töne oder Gerüche, so unmittelbar als hätte ich es erst gestern erlebt. Viele Male hatte ich beim Lesen den Eindruck, einen Film vor meinem inneren Auge ablaufen zu sehen.

Durch das Auswählen und Niederschreiben hat sich meine Motivation nach und nach weg von der einfachen Nacherzählung der Vergangenheit zu einer Art Selbstfindung verschoben. Es ging mir immer mehr um den Stellenwert, den gewisse Erlebnisse in meinem Leben hatten. Wo habe ich bewusst oder unbewusst Weichen gestellt? Warum bedeutete das Eine so viel und das Andere so wenig? Welche Mechanismen nützten mir in welchen Situationen?

Was würdest Du jemandem raten, der jetzt Lust bekommen hat, seine Memoiren zu schreiben? Wo soll man beginnen? Wohin führt es?

Memoiren zu schreiben ist ein Prozess, auf den man sich einlassen muss. Es fließt viel Zeit hinein, aber Zeit, die einem selber voll und ganz zugutekommt. Wichtig ist auch der Austausch mit anderen – so wie wir beide das gemacht haben - das schärft nochmal den Blick. Damit der Umfang nicht so überwältigend groß erscheint, kann man natürlich auch bei einzelnen Abschnitten anfangen, die einem, aus welchem Grund auch immer, leichtfallen oder wichtig sind. Und sollte man wirklich auf Themen stoßen, die einem schwerfallen, etwa jemandem zu vergeben, dann ist das ein guter Anlass sich Hilfe zu suchen und es wirkt befreiend.

Die Arbeit an meinen Memoiren ist noch nicht abgeschlossen, aber schon jetzt weiß ich, dass sie mir einen Weg in meine tiefste Seele geöffnet hat, den ich sonst nicht gefunden hätte.

Liebe Daya, ich danke Dir für Deine Einblicke und auch dafür, dass Du den ersten Teil meiner Memoiren, nämlich jenen über unsere Familie, bereits geschrieben hast. Die beiden anderen Teile – Kindheit/Jugend und mein Erwachsenenalter – stehen nun durch Deine Anregungen fix auch auf meiner Job-im-Alter Liste.

JEDER LEBENSRÜCKBLICK IST SPANNEND UND WERTVOLL

Vielleicht ist es einfacher, wenn man auf schriftliche Dokumente wie Briefe und Tagebücher zurückgreifen kann, aber ich bin sicher, dass Fotos oder Filme, Erinnerungen, Gespräche oder einfach nur der Fokus auf bestimmte Ereignisse im Leben ebenfalls sehr gute Reflexionen ermöglichen, Und vielleicht war das Leben von Daya in Japan außergewöhnlich, aber ist nicht jedes Leben außergewöhnlich und einzigartig? Und damit wert betrachtet zu werden?

Herzlichst
Helga

[i] Geneviève Grimm-Montel: Funktionen des Erinnerns im erzählten Lebensrückblick älterer Menschen. Narrative Selbstdarstellung und Integration autobiografischer Erfahrungen. Dissertation an der Universität Zürich (2012) https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/76278/1/Grimm-Dissertation.pdf

Ein etwas anderer Jahresrückblick

Ich schreibe seit 30 Jahren Jahresrückblicke für meine Familie und habe dabei die Erfahrung gemacht, dass es auch in schwierigen Jahren immer etwas Positives gab, auf das es sich lohnt zurückzublicken.

Auch, oder vielleicht gerade weil 2021 für viele ein nicht so entspanntes Jahr war, scheint mir ein Rückblick gut, um das Positive in den Vordergrund zu rücken.  Denn nach schwierigen Zeiten oder auch nach einschneidenden Erlebnissen „scheint immer wieder die Sonne“. Es kommen neue und gute Phasen, oft in einer Form, mit der man nicht gerechnet hat. 

In diesem Post möchte ich Euch über meine Erfahrungen mit Rückblicken berichten, meine persönliche Einsichten zeigen, die ich 2021 gewonnen habe, sowie einige Fragen auflisten, die helfen können einen etwas anderen Blick auf das abgelaufene Jahr zu werfen.

Take away

  • Egal wie schwierig eine Phase ist, rückblickend gibt es immer etwas Positives.

  • 15 Fragen, die Dir helfen können einen etwas anderen Blick auf das vergangene Jahr zu legen, abseits von Themen wie Impfen, Lockdowns, Politchaos, Klimadiskussionen u.a.

 

Photo by Kelly Sikkema on Unsplash

 

IM RÜCKBLICK LIEGT DIE KRAFT FÜR NEUES

Meine Jahresrückblicke enthalten alle für mich wichtigen und bewegenden Situationen, sowie Fotos meiner Familie. Was ursprünglich als Weihnachtsbrief für Freunde angefangen hat (das war so üblich, als wir jung waren), entwickelte sich über die Jahre zu einer richtigen Familienchronik. Meistens sind es die stillen Tage zwischen Weihnachten und Neujahr, die ich dafür nütze um den Kalender durchzugehen, Fotos zu sortieren und meinen Mann und meinen Sohn nach ihren High- und Lowlights zu befragen. All das fasse ich in drei bis vier Seiten zusammen. Diese Bestandsaufnahme ist für mich bereichernd, denn sie bringt so vieles zum Vorschein, was vielleicht untergehen würde, setzt einen Strich unter Dinge, die man abschließen möchte und zeigt, wie viel Schönes wir erleben und wie reichhaltig das Jahr doch war - selbst in Jahren, die auf den ersten Blick „beschissen“ waren.

Über die Jahrzehnte sieht man auch den roten Faden der persönlichen Entwicklung, der sich durchs ganze Leben zieht. Oft sind es die ungewollten, schwierigen Abzweigungen, die wichtig waren und man erkennt darin die eigenen Potenziale und Strategien, damit umzugehen. Aber vor allem tut es einfach gut, sich die kleinen und großen Momente nochmals in Erinnerung zu rufen. Dieser Abschluss ist gleichzeitig ein schöner Start in das neue Jahr: Vergangenes bewusst machen und sich auf das Neue freuen!

WAS ICH AUS 2021 MITNEHME

Als wir gemeinsam mit Freunden zu Silvester in den Wiener Weinbergen den Sekt öffneten, um auf das Neue Jahr anzustoßen, hatten wir die vage Hoffnung und den Wunsch, dass sich das allgemeine Corona-Chaos legen würde. Wir wussten nicht, dass der Nebel, der uns damals die Sicht auf Wien verdeckte, metaphorisch ankündigte, dass das nicht so schnell gehen würde.

Trotz der vielen Corona-Regeln und Einschränkungen im Laufe des Jahres, die spontane Aktivitäten ziemlich schwer gemacht haben, komme ich auf eine ganze Menge von Erlebnissen, die heuer neu und schön waren. Ich habe z.B. begonnen diesen Blog zu schreiben, konnte auf einem Biobauernhof mitarbeiten und dort Neues erleben, habe wunderbare neue Menschen getroffen und herrliche Tage mit meiner Familie verbracht . Doch auch wenn wir als Pensionisten sicherlich viel weniger Probleme mit den Corona-Vorgaben hatten, sind die allgemeine Unzufriedenheit, die Impfdebatten und die permanenten negativen Medienberichte nicht spurlos an uns vorübergegangen.

In schwierigen Zeiten greife ich unter anderem gerne auf die Weisheiten von Viktor Frankl zurück[i].  Heuer ging es mir ganz besonders um den Einstellungswert:

 Wenn uns keine äußere Freiheit bleibt und
wir keinen Einfluss auf das äußere Geschehen haben,
bleibt uns immer noch die innere Freiheit damit umzugehen.

Die Art, wie man auf Geschehnisse reagiert
liegt immer bei einem selber.

 Dazu gehören zwei Schritte:

  • einerseits die Akzeptanz, also anzunehmen was ist (Achtung: es geht nicht um Resignation oder schön reden)

  • und andererseits sich folgende Frage zu stellen: “Wozu fordert mich diese Situation jetzt auf?”

In diesem Jahr hatten wir viel Gelegenheit, genau das zu üben. So vieles in unserem Umfeld können wir derzeit nicht ändern! Ich habe in diesem Jahr daher gelernt, mich aus all den hitzigen Debatten zurückzuziehen, nicht weil ich feige bin oder nicht zu meiner Meinung stehe, sondern weil es reine Energievernichtung ist. Statt dessen war mein Ziel, meine innere Ruhe, Kraft und Energie immer möglichst hoch zu halten und damit auf diese Weise meinen positiven Beitrag in diesen gesellschaftlich turbulenten Zeiten zu leisten.

Für uns war das Jahr 2021 auch durch den Abschied von Roberts Mutter geprägt, die mit 99 Jahren gestorben ist. Den Sterbeprozess so unmittelbar mitzuerleben, hat uns auch nachdenklich gemacht. Immer mehr frage ich mich, warum wir diesen Teil des Lebens gesellschaftlich so ausblenden. Warum gibt es keinen Sterbe-Vorbereitungskurs, so wie es einen Geburts-Vorbereitungskurs gibt? Alles lernen wir, nur das nicht! Vielleicht ist das auch ein Grund, warum uns Corona so sehr zusetzt! Ich habe mich heuer jedenfalls intensiv damit auseinandergesetzt und wenn ich so weit bin, werde ich Euch mein Erkenntnisse in diesem Blog zusammenfassen, denn es gehört für mich zum „Job im Alter“.

15 FRAGEN, DIE ICH MIR DIESES JAHR STELLE

Während in den letzten Jahren mein Jahresrückblick überwiegend auf Erlebnisse, Erreichtes und Veränderungen ausgerichtet war, will ich mich diesmal auch mehr mit den inneren Aspekten befassen und mir dazu die folgenden 15 Fragen stellen. Vielleicht inspirieren sie auch Dich, Dein Jahr aus neuen Blickwinkeln zu reflektieren.

  1. Welche 5 Worte beschreiben für mich dieses Jahr am besten?

  2. Was waren die wichtigsten Augenblicke oder Situationen in diesem Jahr für mich?

  3. Was war in diesem Jahr meine Lieblingsbeschäftigung und hatte ich genug Zeit dafür?

  4. Was ist mir gut gelungen und worauf bin ich stolz?

  5. Was kann ich heute, was ich letztes Jahr noch nicht konnte?

  6. Was habe ich für meine Gesundheit auf allen 4 Ebenen gemacht: körperlich, emotional, mental und spirituell?

  7. Wie viel Liebe habe ich gegeben und wie viel Liebe habe ich erhalten?

  8. Wer waren in diesem Jahr die wichtigsten Menschen für mich?

  9. Was hat mir richtigen Spaß gemacht?

  10. Habe ich Neues ausprobiert?

  11. Habe ich aufgeräumt und losgelassen; sowohl im eigentlichen, als auch im übertragenen Sinn?

  12. Was waren meine größten Herausforderungen?

  13. Welche meiner Ängste haben sich als falsch herausgestellt?

  14. Was waren die interessantesten Fortbildungen, Bücher, Filme, Aufführungen und Begegnungen und was habe ich daraus mitgenommen?

  15. Wofür bin ich dankbar?

Ich glaube, dass wir mit diesen Fragen und ihren Antworten Einblicke gewinnen, die abseits des normalen Alltags tieferen Sinn erkennen lassen und genau das ist das Entscheidende.  

Diesen Blog zu schreiben wurde eines der Highlights dieses Jahres für mich. Und ich möchte mich bei Euch allen sehr herzlich fürs Lesen und speziell auch für eure Rückmeldungen auf den unterschiedlichen Kanälen bedanken.

Ich wünsche Euch, dass Ihr bei Eurem Rückblick auf das vergangene Jahr die schönen Seiten erkennt und viel Kraft und Freude für das kommende Jahr mitnehmt.

Herzlichst
Helga

[i] Daniela Philipp: SinnPulse 02 – Sinn und Krise. Ermutigende Impulse für eine gelingende Zukunft trotz Krise; Live relations 2020

Vorbilder, brauchen wir die noch?

Hast Du als Kind Idole gehabt? Wolltest Du auch so sein wie sie? Wenn ich heute über Vorbilder im Alter spreche, meine ich aber etwas anderes. Es geht nicht mehr darum so zu werden wie ein anderer, sondern vielmehr zur eigenen Authentizität zu finden und diese auszuleben. Aber gerade dafür ist es wichtig mögliche limitierenden Glaubenssätzen, wie z.B. „Dafür bin ich zu alt!“ über Bord zu werfen. Genau dafür gibt es eine Menge unglaublicher Beispiele, die beweisen, was bis ins hohe Alter möglich ist. Diese Beispiele können uns inspirieren unsere eigenen Grenzen zu verschieben und das innere Drehbuch zu erweitern. In meinem heutigen Beitrag möchte ich Euch Beispiele vorstellen, die mich inspirieren. Und danach möchte ich Euch die Frage stellen: Wie siehst Du Dich als Vorbild? 

Take away

  • Vorbilder sind für mich der zündende Funke meiner Authentizität.

  • Vorbilder helfen uns, mit limitierenden Glaubenssätzen Schluss zu machen.

  • Wenn Du Dich als junge Person siehst, würdest Du so werden wollen, wie Du jetzt bist?

 
 

„SCHREIB EINEN POST ÜBER VORBILDER!“

Vor wenigen Tagen hat mich meine Schwägerin auf dieses Thema angesprochen: „Niemand hat erwartet, dass das Stinktier bei Masked Singers mit dieser wunderbaren Performance, Peter Kraus ist. Dass er diese Bewegungen, diese Stimme und Interpretation mit 82 Jahren so auf die Bühne bringt, ist großartig. Wirklich ein Vorbild! Wäre das nicht etwas für einen Blog?“

Klar, darüber schreibe ich gerne und finde das Thema echt spannend. Natürlich habe ich mir daraufhin die Aufzeichnung angeschaut, denn Peter Kraus war in meiner Kindheit ein Idol und ich habe damals viele seiner Schlager nachgesungen. Offensichtlich hat er seine Vitalität über all die Jahrzehnte beibehalten. Großartig! Besonders gefallen hat mir auch, wie er auf die Frage im Interview: „Du hast alles beruflich erreicht, was man erreichen kann und machst so etwas mit, warum?“ geantwortet hat: „Das Schönste war, dass das etwas ganz Neues war! Und 82 ist doch kein Alter!

VORBILDER MACHEN SPÜRBAR, DASS ES GEHT

Mit etlichen Freunden hatte ich intensive Diskussionen, ob wir in unserem Alter überhaupt noch Vorbilder brauchen oder vielmehr selber welche sind. Das eine schließt das andere ja keineswegs aus! Einerseits haben wir viel Erfahrung angesammelt, die wir weitergeben können, andererseits stehen auch wir unseren Träumen manchmal im Weg, weil wir nicht (mehr) glauben, dass es geht. Zu alt - zu mühsam - zu beschwerlich - jetzt nicht … Diese einschränkenden Bilder im Kopf, die auch von früheren Vorbildern stammen, sollten wir schleunigst los werden.

Was sind Vorbilder HEUTE für mich?

Ich verstehe darunter weder Idole, noch Influencer oder Medienstars, sondern Menschen, die mich aufgrund ihrer Erfahrungen und Leistung anregen meine Träume zu leben, für die ich bisher den Mut oder die Idee noch nicht hatte. Vor allem aber zeigen solche Menschen, dass man sich nicht einschränken muss, etwa, was körperliche Leistungen im Alter betrifft oder späte berufliche Erfolge. Ich eifere ihnen also nicht nach, sondern

Vorbilder im Alter sind für mich
der zündende Funke meiner Authentizität!
Sie helfen mir die Grenzen im Kopf zu verschieben.

Was können solche Vorbilder sein?

  • Menschen, die zeigen, was körperlich, selbst bis 100 und darüber, noch geht.

  • Menschen, die ihren Beruf und ihre Leidenschaft bis ins hohe Alter ausüben.

  • Menschen, die im Alter etwas völlig Neues machen oder eine neue Berufung finden und leben.

  • Menschen, die besondere Weisheit und Wärme verströmen.

  • Menschen, die durch ihre Erfahrung und Freude am Leben im Alter zum Vorbild werden.

Für all diese Gruppen möchte ich Euch Beispiele vorstellen, die meine inneren Bilder bereichern. Was allerdings das eigene Vorbild ist, kann natürlich nur jeder für sich entscheiden. 

MENSCHEN, DIE ERSTAUNLICHE KÖRPERLICHE LEISTUNGEN ZEIGEN

Während man oft hört, dass der Körper im Alter schwächer wird, Abnützungserscheinungen zeigt und das auch ganz normal sein soll, scheinen einige Menschen genau dieses Bild auf den Kopf stellen. Sie bringen Leistungen an Beweglichkeit, Ausdauer und Kraft, die selbst Jungen Respekt abringen. Und auch wenn ich vieles davon keineswegs nachmachen möchte, bleibt die Tatsache: Es geht!

Selbst, wenn man sein Leben lang unsportlich war, kann man mit 60 oder später noch anfangen und gute Erfolge erzielen“, meint der Leiter des Zentrums für Gesundheit der deutschen Sporthochschule Köln.[1] Die Forschung hat auch gezeigt, dass Menschen in ihren 90ern noch Muskeln aufbauen und ihr Gleichgewicht und ihre Flexibilität verbessern können. Das sind echt gute Aussichten! Es gibt also keine Altersgrenze für Flexibilität oder Fitness!

Für mich gibt es zwei Kategorien von Personen:

  • die einen, die nie aufgehört haben fit zu sein und

  • die anderen, die erst als Senioren damit begonnen haben.

Sie haben nie aufgehört fit zu sein:

•       Johanna Quaas (geboren 1925, heute 96) ist auch bekannt als Turn-Oma. Sie ist als älteste Turnerin in die Sportgeschichte eingegangen, denn ihren ersten Wettkampf hat sie 1934 mit 9 Jahren bestritten. Seit damals trainiert sie regelmäßig und hat auch Verletzungen und Pausen weggesteckt. Unglaublich, was sie zustande bringt.

Foto: picture alliance / Rainer Jensen)[2] 

•       Lilo (100). Sie ist keine Spitzensportlerin und vielleicht scheint mir ihre Fitness gerade deshalb so erstrebenswert. Ich habe sie in einer Dokumentation über Hundertjährige mit Kai Pflaume[3] gesehen, Sportlich war Lilo ihr Leben lang. In dieser Doku spaziert sie gut gelaunt und mit einer großartigen Ausstrahlung mit Kai Pflaume flott am Strand und danach geht sie 89 Stufen auf einen Aussichtsturm hinauf, ohne aus der Puste zu kommen.

Sie haben erst als Senioren begonnen:

•       Melitta Czerwenka-Nagel (Jahrgang 1930) war letztes Jahr 90. Mit dem Laufen hat sie erst mit 48 begonnen und Wettkämpfe macht sie erst seit sie 60 ist. In den letzten 30 Jahren gab es für sie viele Welt- und Europameistertitel bei Seniorenmeisterschaften. [4]

•       Joan McDonald (73) Ihre Fitnesskarriere hat erst mit 70 begonnen! Heute, mit 73 und ist sie mit ihrem Internetkanal TRAINWITHJOAN international bekannt. Der Auslöser war einfach, meint sie: „Als ich wegeen meines Übergewichts nicht mehr fotografiert werden wollte und mir die Ärzte sagten, dass ich etwas ändern muss, um nicht im Rollstuhl zu landen, war klar – es gibt nur einen Weg nach vorne: Abnehmen & Fitness.“

Ich möchte mit diesen Vorbildern keineswegs suggerieren, dass wir alle Leistungssportlern nacheifern sollen. Ich finde es einfach nur so inspirierend zu sehen, was alles möglich ist. Es liegt nicht am Alter, sondern vielmehr an der Begeisterung für die Leistung und diszipliniertem Training. Neben der Leistung fallen mir diese Menschen aber auch durch ihre besondere Ausstrahlung auf. - Ich komme gerade drauf, dass ich nur Frauen zitiert habe (es geht ja um meine Vorbilder), aber außergewöhnliche Herren gibt es selbstverständlich auch jede Menge!

MENSCHEN, DIE IHREN BERUF UND IHRE LEIDENSCHAFT BIS INS HOHE ALTER AUSÜBEN

Besonders Künstler arbeiten oft lange in ihrem Beruf und leben ihre Leidenschaft bis ins hohe Alter. Einer, von dem ich erst kürzlich ein Interview gehört habe, ist Henry Danton: (geboren 1919), ein englischer Balletttänzer und Ballettlehrer. Das Interview Dance For Your Life, das aufgenommen wurde, als er 98 Jahren alt war, hat mich berührt. Neben der unglaublichen Beweglichkeit ist so viel Freude und Liebe für junge Menschen zu spüren. Hier ein paar Aussagen aus dem Interview, die mir gefallen haben. „God dumped me down here and I’m waiting for him to dump me out ... but I really like it here!“ - “It's entirely about what you think ... if you think positive, everything’s alright – if you think negative, then you're going to go down. It is possible to change ones habits for the better! Any time!“ Besonders inspirierend finde ich seine Aussage wie wichtig es ist, mit jungen Leuten in Kontakt zu bleiben, weil sie großartig sind und einen jung halten.

Ich finde auch Iris Apfel (geboren 1921) genial, Innenarchitektin und Stilikone aus Kalifornien. Sie hat heuer mit 100 das Buch herausgebracht: “Stil ist keine Frage des Alters”. Mir gefällt die Idee, dass man auch in diesem Alter noch so bunt und farbenfroh sein kann. Warum sollte man das eigentlich nicht sein? Nur weil die Oma immer grau getragen hat? [i]

 
 

Dass es nicht immer nur berühmte Personen sein müssen, die ihren Beruf mit Leidenschaft bis 100 ausüben, zeigt Kai Pflaume in seiner liebenswürdigen Dokumentation „Zeig mir Deine Welt – Die Weisheit der Hunderjährigen“ (Folge 1) z.B. an Bäcker Walter, der auch mit 100 noch mit Freude in der Backstube steht.

Auch meine Freundin und Psychotherapeutin Anneliese Fuchs gehört für mich zu jenen Vorbildern, die mit über 80 unermüdlich neue Ideen in die Welt setzen und Menschen mobilisieren können. Erst heuer haben wir gemeinsam das Symposium MITEINANDER organisiert, um die Vorteile der Zusammenarbeit von Ärzten, Psychotherapeuten und Energetikern aufzuzeigen (Dazu gibt es in Kürze einen Artikel). Sie ist fest davon überzeugt, dass man bis ins hohe Alter eine richtige Aufgabe braucht, die einen ausfüllt!

MENSCHEN, DIE IM ALTER ETWAS VÖLLIG NEUES MACHEN UND EINE NEUE BERUFUNG FINDEN

Aus der unendlich großen Füllen von Personen, die im Alter eine besondere Begabung ausleben, möchte ich Euch Kimiko Nishimoto[5] vorstellen, eine 89-jährige Japanerin, die außergewöhnliche Selbstportraits fotografiert. Ihre Bilder sind einzigartig, heiter und manchmal auch skurril. Begonnen hat sie mit dem Fotografieren erst im Alter von 72 Jahren, als sie einen Anfängerkurs bei ihrem Sohn besucht hat. Heute ist sie ein Internet-Star und macht Ausstellungen um mit ihren Fotos mehr Vergnügen in die Welt zu bringen.

Wie ich schon in meinen anderen Artikeln geschrieben habe (z.B. Neue Wege ins Alter, so viele Möglichkeiten, oder Man lernt nie aus – neue Rollen, neue Aufgaben oder Gewonnene Jahre - die Pension zwischen Beruf und Alter) gehört es zum meinen Lieblingsthemen, dass wir gerade im Alter Neues ausprobieren können, und ich freue mich über jedes Beispiel, das ich dazu finden kann.

MENSCHEN, DIE BESONDERE WEISHEIT UND WÄRME VERSTRÖMEN

Ich habe Hans-Peter Dürr, der inzwischen leider schon verstorben ist, 2004 bei unserem Symposium „Spirit in Business“ erleben dürfen. Als Quantenphysiker hat er mit über 70 dem Publikum eine völlig neue Realität in so liebevoller und anschaulicher Weise gezeigt, dass alle hingerissen waren. Für mich war diese Begegnung der Auftakt für meine energetische Entwicklung. Er machte uns als Brückenbauer zwischen Naturwissenschaften und Spiritualität Mut zu einem anderen Denken und Leben.

MENSCHEN, DIE DURCH IHRE ERFAHRUNG UND FREUDE IM ALTER ZUM VORBILD WERDEN.

Ich bin ganz sicher, dass jeder in seinem eigenen Umfeld Menschen kennt, die allein durch ihre Erfahrungen oder Freude am Leben im Alter ein gutes Vorbild sind. Ich jedenfalls kenne eine ganze Menge!

In meinem Beitrag Unmögliches ist machbar habe ich Euch bereits über Elisabeth berichtet, die ihre Krebserkrankung in so unglaublicher Weise geheilt hat. So eine Erfahrung miterleben zu dürfen ist das beste Vorbild und macht Mut, auf sich zu vertrauen, auch wenn die Umstände schwierig sind.

Meine Schwiegermutter ist heuer mit 99 Jahren gestorben und ich habe die letzten Jahre sehr intensiv mit ihr über ihre Erfahrungen im hohen Alter sprechen können, Sie hatte auch eine unglaubliche Art damit umzugehen, dass sie körperlich schwächer wurde und hat dabei ihre innere Freude nie verloren. Immer wieder hat sie uns versichert, dass sie sich auf jeden neuen Tag freut. Für uns war das nicht nur eine Aussage, sondern wir haben ihre Freude und Wärme auch gespürt.

UND DU? WORIN BIST DU VORBILD?

Wenn wir schon bei Vorbildern sind: Habt Ihr Euch schon einmal folgende Fragen gestellt: 

  • Welche meiner Eigenschaften könnten mich zum Vorbild machen?

  • Wie möchte ich als Vorbild sein?

  • Welches Vorbild in Bezug auf Fitness, Sinn im Leben, Berufung, Freude, Glück oder Liebe möchte ich sein?

    und ganz besonders:

  • Stell Dir vor,  Du würdest Dich als junge Person sehen, würdest Du so werden wollen, wie Du jetzt bist?

Ich finde diese Fragen enorm spannend und ich bin sicher, dass sie viel Klarheit und positive Ausrichtung bringen. Daher wünsche ich Euch jetzt viel Spaß beim finden Eurer Vorbilder und eurer vorbildhaften Eigenschaften.

Herzlichst
Helga

[1] https://www.provita-deutschland.de/sport-im-alter-das-raten-experten/#

[2] https://www.n-tv.de/sport/Turn-Oma-trotzt-mit-fast-95-der-Pandemie-article22176784.html

[3] Kai Pflaume: Zeig mit Deine Welt - Die Weisheit der Hundertjährigen (Folge 1) 2019 - https://www.youtube.com/watch?v=d2yoNJ1Eu4U

[4] https://www.ue30leichtathletik.de/news/w85-5000m-weltrekord-von-melitta-czerwenka-nagel/

[5] Kimiki Nishimoto  https://petapixel.com/2017/11/15/89-year-old-shoots-playful-self-portraits/

Neue Wege ins Alter - so viele Möglichkeiten!

Immer wieder bin ich fasziniert, welche Möglichkeiten sich in der Pension und im Alter auftun! Je mehr ich mich damit auseinandersetze, desto reicher wird dieser Lebensabschnitt in jeder Hinsicht. Ich kann mich z.B. selbst neu kennenlernen, verschüttete oder bisher unbekannte Talente zum Ausdruck bringen, mich gesellschaftlich engagieren - abseits von Profitdenken, Neues erfahren und lernen, aber auch, wie Elisabeth uns im letzten Blog Unmögliches ist machbar erzählt hat, über die eigenen Grenzen hinauswachsen.

Dass es mir damit nicht alleine so geht, sondern wir 60Plus-Jährigen in dieser Aufbruchsstimmung so etwas wie gesellschaftlicher Mainstream sind, habe ich letzte Woche, bei der Abschlussveranstaltung des Ö1 Radiokollegs „Gewonnene Jahre – Neue Wege ins Alter“ an Hand unterschiedlichster und erfolgreicher Projekte auf beeindruckende Weise gehört.

Take Away

  • Wir, die Generation 60Plus, sind derzeit im Fokus der Gesellschaft, in einer Aufbruchphase und ein „role model“ für zukünftige Generationen

  • Vom lebenslangen Lernen über neue Jobs bis ins hohe Alter, neue Lebensformen und Wohnungskonzepte, einer neuen Sicht auf Gesundheit und Selbstheilung bis zum Generationendialog (und vielem anderen) gibt es wirklich unzählige Möglichkeiten

  • Der „Katalog der Chancen“ von Ö1 zeigt die faszinierende Bandbreite von Engagement im und für das Alter

 

Foto: Helga Pražak

 

KATALOG DER CHANCEN

In diesem Radiokolleg hat Ö1 zur Einreichung von Projekten aufgerufen, die sich mit neuen Wegen ins Alter befassen. In der Abschlussveranstaltung wurden diese 150 Projekte als „Katalog der Chancen“ präsentiert und 12 davon besonders hervorgehoben. Besonders gefreut hat mich natürlich, dass meine Einreichung zum Buch und Blog Wie geht Pension? Wie geht Alter? (siehe auch Gewonnene Jahre – Die Pension zwischen Beruf und Alter) in die Projektliste aufgenommen wurde.

Ich möchte Euch in diesem Blog ein paar Highlights aus diesen 150 Projekten in den 9 Kategorien BERATUNG & COACHING, BILDUNG, DIGITALISIERUNG, KULTUR, GESUNDHEIT, DEMENZ, PFLEGE, SOZIALE NETZWERKE sowie WOHNEN & MOBILITÄT beschreiben, denn viele haben mich zum Nachdenken gebracht. Und sie zeigen, auf wie viele unterschiedliche Arten man sich engagieren kann. Besonders beeindruckend fand ich, wie viele junge Menschen sich mit den Belangen unserer Generation auseinander setzen und mit ihrem z.B. digitalen Zugang und mit Start-ups völlig neue Türen öffnen. Diese Zusammenarbeit ist sensationell und zukunftsweisend.

MEIN LIEBLINGSPROJEKT IST VOLLPENSION!

VOLLPENSION ist ein Generationencafé in Wien und eine online Backakademie mit der Idee, Omas mit ihren Fähigkeiten (konkret Backen) eine Möglichkeit für etwas Zuverdienst zu geben und gleichzeitig viele Begegnungen zwischen Jung & Alt und Alt & Alt zu schaffen. Hier trifft sich die digitale Vermarktungskompetenz von Jungen mit der Backkompetenz von Omas und beide zielen auf die Lösung zweier kritischer Altersthemen ab: Altersarmut und Einsamkeit. Schaut Euch diese Idee an: in der Abschlussveranstaltung von Ö1 (ab Minute 2:02:00) oder auf dem Imagevideo der Vollpension. Inzwischen ist VOLLPENSION sogar international unterwegs, um „die Welt ein bisschen süßer zu machen“.

AM BALL DER DIGITALISIERUNG BLEIBEN

Digitalisierung und elektronische und soziale Medien sind in unserem Alter nicht wegzudenken! Daher müssen wir am Ball bleiben. Im letzten Jahr haben auch viele 60Plus-Jährige die digitale Welt in rasendem Tempo (mit-)gelernt und sind glücklich, z.B mit ihren Kindern, die im Ausland leben, zu zoomen oder sogar mit den Enkeln auf Distanz zu spielen. Es gibt eine Fülle von Webinaren zur Fortbildung - auch kostenlose - sodass fast schon die Auswahl schwer fällt. Da aber die Entwicklung der digitalen Welt rasant fortschreitet, sind Schulungen speziell zur praktischen und täglichen Nutzung keine schlechte Idee um am Ball zu bleiben. Oder wir nehmen Nachhilfestunden bei den Kindern/Enkeln, damit wir auch Angebote, wie etwa Seniorenplattformen zur Vermittlung von Experten entsprechend nützen oder selber Inhalte produzieren können.

WIE UND WO WILL MAN IM (HOHEN) ALTER LEBEN?

Das ist wohl eine Gretchenfrage und gehört definitiv in meine Säule RESSORUCEN (5 Säulen für ein Strahlendes Alter). Im Rahmen dieser Projektausschreibung gab es viele Einreichungen, die sich mit Mehrgenerationenhäusern oder anderen Lebensformen auseinandersetzen oder Architektinnen die sich mit neuer Raumplanung und Architektur befassen. Alle haben das Ziel das Leben von alten Menschen zu integrieren.

Dann wieder gibt es Eigeninitiativen und Wohnprojekte wo Klein bis Alt zusammenleben, in denen gerade Personen mit 60+ einen wesentlichen Anteil am Projektmanagement haben. Ich finde das unglaublich spannend, auch wenn ich mir selber darüber noch sehr wenig Gedanken gemacht habe - zu glücklich bin ich in meinen derzeitigen 4 Wänden.

EINEN GESELLSCHAFTLICHEN BEITRAG LEISTEN & DABEI SPASS HABEN

Einige meiner Freunde machen das bereits, indem sie sich für Kinder engagieren, auch wenn sie selber gar keine Enkelkinder haben. Einige sind bereits in dem, beim Radiokolleg vorgestellten, OMA/OPA-Projekt- Allianz der Generationen beim Lernen, Lesen oder der Integration tätig. Ein Freund ist auch in der Waldpädagogik mit Engagement dabei. Es gibt Chor und Theaterprojekte spezifisch für Personen von über 60 bis ins hohe Alter.

Von folgendem Projekt hatte ich bisher allerdings noch nichts gehört: FALTENROCK FM - „Alter gehört gehört“ein Podcast von Bewohnerinnen eines Caritas-Pflegewohnheims mit Geschichten aus dem Leben der Bewohnerinnen - vor allem auch mit viel Humor. Wie inzwischen schon mehrfach bewiesen wurde ist Humor eine Qualität, die man im Alter ganz besonders braucht.

BIOGRAPHIE, GESUNDHEIT & LEBENSHILFE

Sehr viele Projekte beschäftigen sich mit dem Engagement älterer Personen für Themen des Alters.

Neben sozialer Hilfe für andere und Themen zur eigenen Gesundheit, ist die Auseinandersetzung mit dem eigenen Leben auch im Rahmen der Projekte dieser Ausschreibung ein Schwerpunkt. Viele Projekte befassten sich daher mit Biographiearbeit. Ich weiß von Freunden, wie bereichernd und wohltuend das sein kann und auch ich werde mich, angeregt von diesen Projekten, dem widmen.

Auch wenn das nur ein sehr kleiner Ausschnitt von all den Möglichkeiten ist, die sich für uns in der Pension und im Alter auftun, es zeigt einmal mehr:

Es gibt wirklich viel Schönes, Bereicherndes und Hilfreiches zu tun
und damit viel zu erleben - auch und vor allem für uns!

Herzlichst
Helga

Zu diesem Beitrag passt auch der Post Wie geht Pension? Wie geht Alter?


Was ist Glück? - Interview mit Glückscoach Marcel Schachinger

Glücklich sein, ein glückliches Leben führen und Glück haben – wer will das nicht? Aber Glück zeigt sich nicht immer in unserem Leben. Manche Menschen scheinen es quasi gepachtet zu haben, während andere sich damit schwer tun. Ich hatte heute das Glück mit Glückscoach Marcel Schachinger genau diesen Fragen nachzugehen und mit ihm darüber zu sprechen, wie man mehr davon ins eigenen Leben bringen kann, denn für Glück ist man nie zu alt!

Take Away

  • Erfahre „Wie man das Glück anzieht“.

  • Glück in schwierigen Zeiten findet man durch bewusste Auszeit und die volle Konzentration auf das, was einem gerade gut tut.

  • In der Natur sein hilft uns beim Glücklich sein.

 

Foto Marcel Schachinger

 

Lieber Marcel, was ist Glück für Dich und wie definierst Du Glück?

Marcel: Es gibt für mich zwei Arten von Glück: das eine Glück erlebt man unmittelbar, etwa, wenn man etwas gewinnt oder wenn gerade eine Idee aufgeht. Ich nenne das das schnelle Glück. Das zweite Glück ist Ausgeglichenheit und Zufriedenheit und das versuche ich sowohl in meinem Leben zu integrieren und es ist der Fokus für mein Glückscoaching. Mein Ansatz ist, wenn du Ausgeglichenheit und Zufriedenheit in deinem Leben ausbaust, dann hast du automatisch Glück.

Wie passen Lebensfreude und Glück zusammen?

Die gehören definitiv zusammen! Lebensfreude ist aber auch etwas an dem man arbeiten muss. Das ist nicht etwas was man als permanent und selbstverständlich erachten kann. Ich glaube man kann Lebensfreude dann erhöhen, wenn man sich mit Menschen umgibt, die einem gut tun und sich von Menschen fernhält, die wie Energieräuber auf einen wirken. Ich selbst habe in meinem Freundeskreis einige sehr konsequente Trennungen vorgenommen. Es kann ja sein, dass man sich auseinanderlebt oder verschiedene Wege geht und man nicht mehr zusammenpasst. Das kann natürlich auch mit einem Partner passieren. In so einem Fall muss man den richtigen Moment, den Mut und die Konsequenz finden, das anzusprechen und schließlich getrennte Wege gehen. Solche Zäsuren in einer Partnerschaft oder in einer Freundschaft sind nie leicht, können aber für das eigenen Lebensglück notwendig sein.

Außerdem glaube ich, dass man in den verschiedensten Bereichen des Lebens einen Sinn finden muss. Wenn dir etwa deine Arbeit keinen Sinn mehr gibt oder nicht erfüllend ist, dann verliert man das Lebensglück. Man verliert die Freude daran und damit geht die Lebensglückskurve hinunter. Daher ist es essentiell, dass man sowohl privat als auch beruflich Dinge macht, die Sinn ergeben. Denn dieses Gesamtbild ergibt schließlich den Sinn im Leben.

Wie bist du auf das Thema Glück gekommen und Glückscoach geworden?

Ich bin seit über 20 Jahren in den Medien, also beim Radio und im Fernsehen, tätig. In den letzten 12 Jahren habe ich Nachrichten gemacht. Dieses Nachrichtengeschäft ist unglaublich anstrengend. Es ist enorm schnell und zusätzlich sind Nachrichten fast immer negativ. All das laugt aus und macht einen auf Dauer kaputt. Irgendwann habe ich gemerkt, dass mir dieser Job zu viel Energie raubt und ich habe beschlossen etwas zu machen, womit ich glücklich bin. Ich habe immer schon Leute in Moderation unterrichtet, aber Menschen zu motivieren, das liebe ich. Es bedeutet mir viel, meinen Klienten andere Blickwinkel zu eröffnen, andere Möglichkeiten aufzuzeigen, ganz besonders, wenn sie sich in einer Krise oder schwierigen Situationen befinden. Nach dem Mentaltraining habe ich meine Basis in der Lebens- und Sozialberatung gefunden, dem psychologischen Coaching und ganz besonders in der Existenzanalyse. Da gibt es spannende Methoden die Menschen helfen auf den richtigen Weg zu helfen und wie man das Glück bewusst herbeirufen kann.

Wie kann man denn das Glück anziehen?

Ich glaube nicht dass man Glück erzwingen kann, das funktioniert nicht. Aber man kann natürlich glückliche Momente schaffen. Das kann man immer, in jeder Lebensphase und in jedem Lebensalter.

So ein Glücksmoment ist für mich zum Beispiel, wenn ich abends meine Lieblingsmusik spiele und mir Zeit zum Zuhören nehme. Oder man schaut ein Fotoalbum durch und erinnert sich an schöne Momente im letzten Urlaub oder in einer sonstigen Situation. Wir können also Glück herbeirufen, aber zwanghaft daran festhalten, das geht nicht.

Es gibt doch auch Lebenszeiten, wo alles schwierig und düster scheint, Was empfiehlst Du da?

Ja, natürlich, solche Zeiten gibt es immer wieder. Um diese gut zu überstehen ist es wichtig, dass man auf 3 Säulen bauen kann und die sollten bereits vorher solide sein, damit sie funktionieren, bevor man in eine persönliche Krise schlittert.

  1. Gib deinem Leben Struktur

  2. Mach Ordnung in deinem zu Hause und in deinem Leben

  3. Umgib Dich mit Menschen, die dir guttun.

Diese Säulen sind auch deshalb wichtig, dass man etwas hat, worauf man sich stützen kann, wenn man wirklich in eine Krise stürzt. Wenn man zum Beispiel völlig unerwartet verlassen wir, eine Krankheit diagnostiziert wird oder der Partner Probleme hat.

In solchen Zeiten ist es ganz wichtig, sich immer wieder auf den Moment zu konzentrieren, aus der aktuellen Situation „auszusteigen“ und sich zu fragen:

Was tut mir jetzt in diesem Moment gerade gut?

Das können ganz kleine Tätigkeiten sein; ein gutes Essen, im Wald spazieren gehen, jemanden treffen. Um das zu finden müssen wir vielleicht etwas genauer hinschauen, weil wir genau das oft im Trubel des Lebens verlernt haben.

Ich habe mich in den letzten Jahren viel mit Glück und der Glücksforschung auseinandergesetzt und bin draufgekommen, dass alleine das in der Natur sein extrem wichtig für uns ist. Nicht umsonst heißt es, dass der „grüne Therapeut“ Wald den Menschen besonders gut tut. Ich war immer schon gerne in der Natur, aber jetzt mache ich das viel bewusster und spüre wie es mir gut tut im Wald oder am Wasser unterwegs zu sein. Naturverbundenheit ist ein wichtiger Bestand unseres Lebens und besonders in schwierigen Zeiten sollten wir uns nicht zurückziehen, sondern auch hinausgehen. Ein weiterer Wohlfühlfaktor ist natürlich. sich mit Menschen zu treffen, die einen verstehen.

Wie geht man am besten iMt schwierigen Veränderungen am?

In der Pension und im Alter kommen viele Veränderungen auf uns zu. Diese können größer oder kleiner sein, sie können aus dem heiteren Himmel kommen und einem dem Boden wegziehen. Wie geht man am besten damit um, um wieder Glück zu finden?

Akzeptanz ist enorm wichtig. Das bedeutet nicht, dass man alles gutheißen soll, aber es ist wichtig zu akzeptieren, dass es jetzt anders ist. Man kann auch akzeptieren, dass etwas gerade richtig beschissen ist. Nur, wenn man ewig an dem Alten, was nicht mehr ist oder was man verloren hat, hängt, macht es einen auf Dauer unglücklich. Und hindert daran, weiterzugehen und Neues zuzulassen. Wenn man nur am Alten, Vergangenen hängt, kann man nicht glücklich sein. Wohl aber kann man sich das Schöne, das man erlebt hat, immer wieder vor Augen führen. Das ist ja nie weg.

Und dann sollte man sich erinnern an die Liebe, die man erfahren hat. Wir neigen oft, etwa nach Trennungen, alles schlechtzureden. Aber da war doch auch viel Gutes, auf das man sich besinnen kann. Oft versucht man mit dem Schlechtreden die Situation zu bewältigen, aber im Grund zögert man das Leiden nur hinaus.

Zum Schluss möchte ich Dich als Glückscoach noch fragen, was findest Du an alten Leuten spannend?

Ich finde ihre Geschichten spannend. Die Geschichten, die sie erzählen können. Manchmal heißt es, man soll Respekt vor dem Alter haben, aber ich finde, Respekt verdient man nicht alleine durch Alter, da gehört mehr dazu. Aber die Weisheit, die Gelassenheit, wenn ältere Menschen auf ihr Leben zurückblicken, das finde ich spannend und davor habe ich Respekt. Davon kann man auch viel lernen. Vor allem, sich nicht auf jede Kleinigkeit versteifen, sondern großzügiger zu sein.

Dazu fallen mir drei Aussagen ein, die Hundertjährige auszeichnen

  1. Sie sehen das Glas zumindest immer halbvoll.

  2. Sie sind Meister des Loslassen und können und wollen sich immer wieder auf Neues einlassen.

  3. Sie sind dankbar für alle Segnungen und akzeptieren zugleich die Herausforderungen des Lebens!

Das sind doch drei wichtige Eigenschaften, um bis in höchste Alter glücklich zu sein!

Lieber Marcel, ich danke Dir für unser Gespräch und Deine Anregungen und Einblicke ins Glück.

Herzlichst
Helga

Man lernt nie aus! Neue Rollen, neue Aufgaben

Kennt Ihr den Film The Intern, in der deutschen Fassung Man lernt nie aus, der 2015 in die Kinos kam? Ich habe ihn damals gesehen und bin jetzt wieder durch Zufall darauf gestoßen. Das erste Mal - da war ich noch voll berufstätig - habe ich ihn einfach nett gefunden, aber diesmal und selber in Pension, ist er für mich zum Inbegriff dessen geworden, was man als Pensionist oder Silver Ager geben kann: Ruhe, Zuneigung, Unterstützung und gelegentlich einen Rat. Die perfekte Aufgabe in einer Gesellschaft, die einerseits immer hektischer und andererseits immer älter wird, in der die 60-80 Jährigen fit sind und viel zu geben haben. Ein Blick auf diesen Film lohnt sich! Auch ein zweiter!

Take Away

  • Ein Film darüber, was man im Alter geben kann - unterhaltsam und tiefsinnig gleichzeitig

  • Ein neue, sinnstiftende Aufgabe kann auch ganz anders sein als alles Bisherige

  • Es sind die neuen Qualitäten in einer neuen Lebensphase, die uns Pensionisten ausmachen

Blog #7 the intern.jpg

DAS PERFEKTE MATCH: JUNGE AKTIVE & JUNGE PENSIONISTEN

Über die Handlung will ich nur wenig sagen, denn sie lebt für mich von den vielen liebenswürdigen Momenten und Wendungen. Ben Whittaker (Roberto De Niro) übernimmt im Rahmen eines Senior-Praktikums einen Job in einem E-Commerce-Mode-Startup, nachdem sein Leben nach dem Tod seiner Frau langweilig und einsam geworden ist. In einer Rezension steht so bezeichnend „A 70 year old widower, who is lost in the freedom of retirement.“  Seine neue Chefin, Jules Ostin (Anne Hathaway), sehr erfolgreiche Gründerin und CEO dieses Start-ups, ist mit den beruflichen und privaten Herausforderungen überlastet. Zuerst ohne wirkliche Aufgabe und in einer für ihn total neuen Arbeitswelt, stellt sich Ben all dem Neuen und wird zur einfühlsamen, grauen Eminenz des Unternehmens, ohne sich fachlich einzumischen.

 

MEINE HIGHLIGHTS AUS DIESEM FILM

Wie ich Euch bereits erzählt habe, ist für mich PENSION ein neuer Job, in dem es um die Balance von 5 Säulen für ein strahlendes Alter geht (GESUNDHEIT - SINN - LIEBE - VERGNÜGEN - RESSOURCEN). Wenn ich diese Idee auf Ben Whittaker im Film umlege, dann ist sein neuer Job viel mehr als nur eine Beschäftigung in einem Senior-Praktikum zur Abwechslung.

-       SINN: Man braucht auch in der Pension eine sinnvolle Aufgabe, um sich wohl zu fühlen, um, wie er sagt: „jeden Tag mit Freude aufzustehen“. Dieser Job im Reich der Jungen gibt Ben neue Lebensenergie, belebt ihn in jeder Hinsicht. Gebraucht zu werden und einen aktiven Platz in unserer Gesellschaft zu haben, das macht jung. Diese Aufgabe kann auch ganz anders aussehen, als bisher. Um sie zu finden muss man selber aktiv und initiativ sein und etwas wagen.

-       Zu den bisherigen persönlichen Expertisen und Erfahrungen kommen ganz neue Qualitäten, die jetzt gefragt sind: Ruhe, Gelassenheit, menschliche Wärme, Zuneigung, Begeisterung, Umsichtigkeit, Einfühlungsvermögen. Obwohl Ben Chef einer Firma war, stellt er nicht seine ehemalige Position oder sein Wissen in den Vordergrund, sondern geht subtil auf die Bedürfnisse der Jungen ein und ist da, wenn er gebraucht wird. Die digitale Arbeitswelt ist in vieler Hinsicht anders, aber Menschlichkeit ist mehr gefragt, denn je.

-       VERGNÜGEN & NEUES: Ben will die neue Welt verstehen. Er hängt nicht in der Vergangenheit, sondern stellt sich dem Neuen mit großer Offenheit und Begeisterung. Daher setzt er sich mit all den dazugehörenden Technologien auseinander: vom Handy bis zum digitalen Business!

-       LIEBE: Mit dieser neuen Aufgabe baut Ben ganz selbstverständlich ein neues Netzwerk voll sozialer Integration auf, erobert die Herzen aller und findet schließlich seine neue Liebe.

-       RESSOURCEN: Ben lebt in einem großen Haus alleine und beschließt einen jungen Praktikanten bei sich wohnen zu lassen. Ein interessanter Gedanke.

-       GESUNDHEIT: Durch die Langeweile wirkt Ben anfangs alt und grau. Seine Begeisterung, Aufgabe und Liebe wirken sich verjüngend aus, wie auch Roberto de Niro im Verlauf des Films großartig darstellt. Und wie man am Ende des Film sieht, hält er sich zusätzlich mit Qi Gong fit.

SO KÖNNTEN DOCH PENSIONISTEN-JOBS DER ZUKUNFT AUSSEHEN!

Für mich ist der Film viel mehr als ein „Ich bin auf der Suche nach Sinn“ Programm für Senioren, wie es in manchen Rezensionen heißt. Für mich ist der Film zukunftsweisend! Überall heißt es, man muss sich in der Pension eine Beschäftigung suchen. Meistens sind damit Freizeitaktivitäten wie Studium, Malen, Handwerkliches oder Freiwilligenarbeiten wie Leih-Oma oder soziale Vereine etc. gemeint. All das ist richtig und ein wichtiger Beitrag für unsere Gesellschaft. Aber nicht für alle ist das erfüllend genug. Manche wollen noch, auf neue Art und Weise, in die Arbeitswelt eingebunden sein. Wie wäre es also mit der Integration von Pensionisten in Unternehmen oder Organisationen, wo sie in neuen Rollen die Stärken des Alters einbringen?

WIR BRAUCHEN WEISE VORBILDER

Michael Lehofer (Psychiater & Psychotherapeut) meint in einem Interview:[1] Ideen, Motivation und Wissen gibt es genug in unserer Gesellschaft. Was sie braucht, ist mehr Warmherzigkeit, menschliche Wärme, das größte Mangelgut. Das macht alte Menschen attraktiv. Eine weise Kultur ist eine warme Kultur. Wir brauchen auch mehr Vorbilder. Die weisen Alten müssen vor den Vorhang. Vorbilder machen spürbar, dass es geht.

Auch wenn es nur ein Film ist, Ben ist eine Art Vorbild und zeigt uns, so könnte es gehen!

Daher möchte ich Euch noch zum Schluss meine Definition für Weisheit geben.

Wir sind weise,
wenn wir nicht aufgrund unbewusster Muster
auf äußere Reize reagieren,
sondern in unserer Kraft und Ruhe bleiben,
egal was im Außen ist
und somit authentisch, liebevoll und mitfühlend reagieren.

So weise wird man allerdings nicht durch das Alter alleine, sondern nur durch die reflektierte Auseinandersetzung mit sich selbst und allem was sich zeigt.

Herzlichst
Helga

[1] https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/alter-ist-eine-illusion-interview/